Viele Engagierte berichteten auch von Verletzungen und tiefer Enttäuschung und brächen ihren Einsatz ab. Munsch forscht den Angaben zufolge seit über 20 Jahren zum Thema bürgerschaftliches Engagement. Aktuell vergleicht sie Spannungsverhältnisse in verschiedenen Feldern ehrenamtlicher Arbeit - in Kirchengemeinden, Sportvereinen, Umweltinitiativen und Wohlfahrtsverbänden. Gründe für ein Beenden des Engagements liegen demnach zum einen speziell in den einzelnen Feldern, aber auch in Herausforderungen, die das Engagiert-Sein an sich mit sich bringt.
So sei etwa die ehrenamtliche Arbeit in der Wohlfahrt emotional sehr belastend, hieß es. Einerseits sei das Kümmern um pflegebedürftige Menschen erfüllend. Zum anderen sei die Wohlfahrt von Ökonomisierung geprägt: Mangel an Zeit und Geld sowie das "routinierte Agieren der Organisationen" stünden im Widerspruch zu den Vorstellungen vieler Freiwilliger von der Betreuung Hilfsbedürftiger.
Im Bereich der Kirche liegt Munsch zufolge die spezifische Herausforderung in unterschiedlichen Perspektiven von Engagierten. Für einige sei Kirche in erster Linie Gemeinschaft, andere forderten gerade Bibelarbeit, Gebete und eine christliche Positionierung ein. Eine dritte Gruppe wolle vor allem die Gemeindearbeit sinnvoll und effizient organisieren. Wenn diese Sichtweisen aufeinander prallen, könne dies für "massive Spannungen" sorgen, so die Wissenschaftlerin. Vergleichsweise spannungsarm sei der Sportbereich. Hier seien es eher die alltäglichen organisatorischen und bürokratischen Aufgaben, die den in Vereinen Engagierten viel abverlangten.
Für das noch bis zum Juni 2024 laufende Forschungsprojekt haben die Siegener Wissenschaftler mehr als 60 ehemalige Ehrenamtliche ausführlich interviewt und die Erzählungen vergleichend analysiert. Die Sozialpädagogin und Erziehungswissenschaftlerin Munsch hat seit April die Leitung der Engagement-Kommission der Bundesregierung inne.