"Im Fall Siegen haben wir nicht offensiv kommuniziert, das lässt sich lernen", sagte der Theologische Vizepräsident dem Evangelischen Pressedienst (epd). Wenn es um sexualisierte Gewalt gehe, müsse "bei Wahrung der Persönlichkeitsrechte wahrhaftig und offen kommuniziert werden".
"Wir sind ja in der evangelischen Kirche dabei, uns beim Thema sexualisierte Gewalt weiterzuentwickeln", sagte Schlüter, der nach dem Kurschus-Rücktritt kommissarisch das Amt des leitenden Theologen übernommen hat. Über die Neubesetzung des Präses-Amts wird voraussichtlich auf der nächsten Landessynode im Mai entschieden.
Bei sexualisierter Gewalt müsse der erste Blick den Betroffenen gelten, betonte Schlüter: "Wir müssen den Kontakt suchen, hinhören und hinschauen." In einer gemeinsamen Erklärung baten die Kirchenleitung und die am Samstag beendete Landessynode die Betroffenen im mutmaßlichen Siegener Missbrauchsfall um Verzeihung. Kurschus war nach Vorwürfen mangelnder Transparenz im Umgang mit dem Fall als westfälische Präses und als Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) zurückgetreten.
Mit Blick auf die Zukunft der Kirche hält Schlüter einen massiven Umbau der Strukturen für notwendig. Das "vereinskirchliche und gruppenbezogene Programm" der letzten Jahrzehnte könne nicht der Normalfall bleiben. Angesichts zurückgehender Mitgliederzahlen und Einnahmen lasse es sich nicht mehr aufrechterhalten, "flächendeckend und kleinteilig mit Parochien und mit Körperschaften überall in gleicher Weise vertreten" zu sein.
Der Präses-Stellvertreter plädierte auch für eine Abkehr vom Kirchenbeamtentum. "Wir müssen uns auch aus den staatsanalogen Strukturen mit öffentlich-rechtlichen Körperschaften und Dienstverhältnissen lösen", sagte er. Sie schafften langfristige Verpflichtungen, "von denen wir gar nicht wissen, ob wir sie einlösen können". Die Zukunft der Kirche sieht Schlüter in einem stärkeren diakonischen Profil: "So kommen wir unserem Auftrag der Kommunikation des Evangeliums sichtbar und verstehbar nach."