Turteltauben warten auf ihren Start
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Turteltauben warten auf ihren Start
Wenn die Wünsche Flügel bekommen
Im Trend: Zur Hochzeit fliegen Tauben und Schmetterlinge
Im Schwerpunkt "Blick zum Himmel" fragen wir uns: Woher kommt eigentlich der Trend, insbesondere bei Hochzeitsfeiern Tauben oder Schmetterlinge in den Himmel steigen zu lassen? Und wie unbedenklich ist das Ganze eigentlich für die Tiere? Claudius Grigat hat sich schlau gemacht...
19.10.2012
evangelisch.de

"Oooooohhhh!" Genau das wollten sie hören. Die Trauzeugin und ihre beiden Freundinnen, die dem Brautpaar diese Überraschung bereitet hatten: Als die Beiden aus der Kirche traten, erklang Vivaldi aus den Ipod-Boxen, dazu ein paar Verse zu Liebe und Treue – und dann wurde der kleine, mit weißen Schleifen geschmückte Verschlag geöffnet und ein ganzer Schwarm weißer Taubern flatterte heraus. Die Blicke der gesamten Hochzeitsgesellschaft gingen automatisch zum Himmel, den Vögeln hinterher. Und dann folgte eben das unwillkürlich artikulierte Staunen, die Freude über den Anblick der leuchtend weißen Tiere auf ihrem Weg in die tiefblaue Höhe.

Eine Szene, wie sie so oder so ähnlich immer wieder auf Hochzeitsfesten stattfindet. Aber woher kommt diese Tradition? Schließlich gäbe es auch andere Tiere, deren Anblick einem Brautpaar Freude bereiten würde. Aber wenige davon haben solch eine Symbolkraft wie Tauben, insbesondere weiße. In fast allen Kulturen gelten die Tauben seit Alters her als Liebessymbol. Das liegt vor allem daran, dass Tauben ein auffallend zärtliches Liebesspiel entwickeln ('Turteltauben'), besonders fruchtbar sind und vor allem: Sie binden sich in der Regel lebenslang an einen Partner. Sie stehen so gleichzeitig auch für Zärtlichkeit und Treue in der Liebe. Und die weiße Farbe fügt dann noch die Ebene der Reinheit hinzu. Außerdem steht die Taube seit der alttestamentlichen Noah-Erzählung auch für die Zukunftshoffnung, Frieden und den 'Friedensschluss', also den bevorstehenden Bund mit Gott nach der Sintflut - und schließlich natürlich auch als Symbol für den heiligen Geist. Das also kann alles mitschwingen, wenn bei einer Hochzeitsfeier weiße Tauben zum Himmel fliegen.

Die Tauben finden von alleine nach Hause

Wie aber steht es um die Schöpfungsverantwortung: Was sagt, ganz profan, eigentlich der Tierschutz dazu? Hier kommt es natürlich darauf an, woher die Tauben für diesen Anlass stammen. Häufig sind die Vermieter von Tauben für Events und Feiern regionale Züchter, die sich hiermit die Kosten für ihr Hobby teilfinanzieren und aus diesem Grund schon auf eine artgerechte Haltung achten. Als 'Hochzeitstaube' verwenden sie die weiße Farbvariante der ###mehr-artikel### Brieftaube, die wiederum die domestizierte Form der Felsentaube ist. Diese Tauben sind dann normalerweise so trainiert, dass sie problemlos Wegstrecken von 50 bis 100 Kilometer zurück legen können und selbstständig den Weg zurück zu ihrem Taubenschlag finden. Natürlich muss das Wetter stimmen – Nebel und Starkregen, Schneefall und Frost erschweren die Orientierung derart, dass die Tauben bei einer entsprechenden Witterung gar nicht erst ausgeliehen werden. Zudem achten die meisten Vermieter auch darauf, dass das Auflassen nicht zu spät am Tag statt findet, damit die Tiere sich noch rechtzeitig zurück 'nach Hause' orientieren können.

Wer sich nun aber trotz aller Symbolik am mittlerweile vor allem in Städten immer stärker werdenden Image von Tauben als 'Ratten der Lüfte' stört, hat seit einiger Zeit eine Alternative für seine Hochzeit: Den Blick zum Himmel richten kann man nämlich auch, wenn man Schmetterlingen hinterher schaut. Dieser Trend kommt – wie sollte es anders sein – aus den USA. Im Bundesstaat Hawaii gibt es diesen Brauch schon sehr lange. Dort gelten Schmetterlinge als Glücksbringer und einer alten Legende zufolge erfüllen sie den Menschen, die sie freilassen, einen Wunsch, indem sie ihn lautlos, ohne ihn jemandem zu 'verraten', in den Himmel tragen. Auf Hochzeiten wird das nachgestellt, indem entweder jeder Gast einen Schmetterling aus einer separaten Pappschachtel frei lässt und mit einem Wunsch 'beauftragt' – oder, indem die Wünsche gesammelt werden und einem Schwarm von Schmetterlingen mit auf den Weg gegeben werden. Auch hier liegt eine uralte Symbolgeschichte zugrunde, bei der diese Tiere unter anderem für Wandlungsfähigkeit und Schönheit, oft auch direkt für die Seele und im asiatischen Raum darüber hinaus beispielsweise auch für Langlebigkeit, Schönheit und natürlich eheliches Glück stehen.

Schmetterlinge brauchen Wärme

Wem hier jetzt allerdings Zweifel aufkommen angesichts der Tatsache, dass empfindliche Geschöpfe einzeln oder in Massen in Pappschachteln verpackt und verschickt werden, der kann im Prinzip beruhigt werden. Wendet man sich an einen seriösen Anbieter, ist normalerweise gut für das Wohl der Tiere gesorgt. Allerdings gelten hier dann auch eine Reihe von Einschränkungen für das 'Fliegenlassen'. Gute Anbieter sind in der Regel registrierte Züchter und Biologen, die sich mit Haltung, Fütterung und Pflege von Schmetterlingen auskennen. Vor allem aber züchten sie für Veranstaltungen ausschließlich einheimische, nicht geschützte und robuste Arten wie den Großen Kohlweißling oder den Distelfalter. Letzterer beispielsweise ist ein Wanderfalter, der in jedem Frühjahr aus dem Mittelmeergebiet nach Deutschland einwandert. Dieser Umstand bedeutet nicht nur, dass er nach der Freilassung problemlos überlebt, sondern auch, dass er keine kleinen regionalen Populationen ungünstig beeinflussen kann. Die Biologen sprechen hier von

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'populationsbiologischer Unbedenklichkeit'. Diese Schmetterlinge aber können natürlich nur bei geeigneten Witterungsbedingungen überleben: Temperaturen über 15, besser 20 Grad Celsius. Und sie können auch nur zwischen April und September freigelassen werden – und nur im Freien. Liegt der Hochzeitstermin also im Winterhalbjahr, scheidet ein Schmetterlingsflug aus. Außerdem werden die Tiere gekühlt geliefert, in Thermoverpackungen. Wurden sie vorher ausreichend gefüttert, können Sie in der Kältestarre viele Stunden problemlos überleben. Allerdings müssen sie aus diesem Grund rechtzeitig vor dem Freilassen aufgewärmt werden, damit sie zum geplanten Zeitpunkt dann auch wirklich losflattern. Und als Tagfalter fliegen sie übrigens auch nicht mehr, wenn es bereits dunkel ist. Außerdem muss bei Schmetterlingen generell auch noch eine Genehmigung für die Freilassung beantragt werden: Zuständig sind in der Regel die Unteren Naturschutzbehörden oder Umweltämter der jeweiligen Stadt oder des Landkreises.

Egal, ob man sich nun für Tauben oder Schmetterlinge entscheidet – erstere machen auf Fotos und Filmen natürlich mehr her – ganz billig ist das Vergnügen selbstverständlich nicht: 15 Hochzeitstauben gibt's zum Beispiel bei einigen Anbietern ab ca. 150,- Euro, 30 Schmetterlinge kosten ähnlich viel, hier kommt aber noch der relativ kostspielige Versand hinzu.

Bleibt natürlich noch die Frage, ob trotz aller Unbedenklichkeit so etwas überhaupt sein muss: Ob zur Feier einer Eheschließung, eines Ja-Worts, sei sie noch so romantisch und emotional, andere Lebewesen auf diese Weise instrumentalisiert werden sollten. Das aber kann nur jede/r für sich selbst klären…