Foto: morgenroethe/photocase, Grafitti: Banksy
Fundraising: "Facebook allein bringt nichts"
Für das Crowdfunding übers Internet sind auch treue offline-Fans wichtig
Vor zwei Jahren sind in Deutschland die ersten Plattformen fürs crowdfunding gestartet: Jeder kann Geld für seine Aktion sammeln. Doch warum strömt für manche Projekte das Geld der Masse, für andere nicht? Eine Studie fragt nach den Erfolgsfaktoren.
20.10.2012
epd
Marcus Kirzynowski

Auch Titanen erreichen nicht immer ihr Ziel. Diese Erfahrung musste im vergangenen Jahr Peter Wiechmann machen. Über die Crowdfunding-Plattform mySherpas wollte der ehemalige Redaktionsleiter des Kauka-Verlags eine luxuriöse Neuauflage seiner bekannten Comicserien aus den 1970er Jahren finanzieren. 62.000 Euro hätten für diese sogenannte Titanen-Trilogie zusammenkommen sollen. Als nach Wochen jedoch nur ein Bruchteil der Summe erreicht war, brach Wiechmann die Aktion vorzeitig ab. Auf der anderen Seite gibt es spektakuläre Crowdfunding-Erfolge wie den geplanten Kinofilm zur TV-Serie "Stromberg", für den die Produktionsgesellschaft Brainpool Ende 2011 bereits nach wenigen Tagen die angesetzte eine Million Euro von Unterstützern gesammelt hatte. 

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Anders als etwa in den USA ist "Crowdfunding" in Deutschland noch ein relativ neues Modell: Erst im Herbst 2010 starteten in Deutschland die ersten Plattformen wie Startnext oder pling im Internet. Das Prinzip ist einfach: Kreative stellen auf den Seiten ihre Projekte vor, für die sie innerhalb einer vorgegebenen Zeit eine festgelegte Geldsumme sammeln wollen. Die Unterstützer erhalten je nach Betrag als Gegenleistung besondere Prämien und in der Regel auch das Endprodukt. Bei den meisten Plattformen wird das Geld nur ausgezahlt, wenn die Gesamtsumme erreicht wird: alles oder nichts.

Etwa die Hälfte aller geplanten Projekte in Deutschland wurde bisher erfolgreich finanziert. Aber warum läuft das eine Projekt, das andere nicht?  Bei Projekten mit relativ kleinem Zielbetrag stammten die Geldgeber überwiegend aus dem engsten Umfeld der Kreativen, erklärt Karsten Wenzlaff, Geschäftsführer des Instituts für Kommunikation in sozialen Medien in Berlin. Sein Forschungsinstitut hat für eine Crowdfunding-Studie zahlreiche erfolgreiche Projektstarter befragt.

"Das Offline-Netzwerk ist genauso wichtig"

Der Schweizer Comiczeichner David Boller bestätigt, dass sein Projekt mit wenigen, hauptsächlich hohen Beträgen unterstützt wurde. So reichten 30 Geldgeber, um über die Plattform pling die veranschlagten 4.500 Euro für den zweiten Band seiner Superheldenreihe "Tell" zu erreichen. "Zur Hälfte kam das Geld von treuen Fans, die meine Karriere seit Jahren verfolgen und alles von mir kaufen", sagt Boller. 

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Die sind natürlich wertvoller als eine große Menge oberflächlicher Kontakte in sozialen Netzwerken. So hat Bollers Online-Comicplattform "Zampano" nur etwa 300 Fans bei Facebook - aber anders als er sind schon Künstler mit wesentlich größerer Zahl mit ihren Crowdfunding-Projekten gescheitert. "300 gute Facebook-Freunde sind besser als mehr Kontakte, die oft nur Freunde von Freunden sind", erklärt Boller.

"Facebook alleine bringt nichts", bestätigt Wenzlaff, "das Offline-Netzwerk der Kreativen ist genauso wichtig." So könne etwa ein kleines Theater mit treuem Publikum ein Projekt auch fast ohne Facebook & Co. finanzieren. 

Wichtig ist aber in jedem Fall, dass es bereits eine Fanbasis gibt und dass der Projektstarter diese gezielt anspricht. Dazu reicht es nicht, zum Start der Aktion eine gute Präsentation auf der entsprechenden Plattform einzustellen und seine Zielgruppe darauf aufmerksam zu machen. "Man sollte sich einen Kommunikationsplan für die gesamte Laufzeit erstellen", rät Karsten Wenzlaff.

Zeitaufwand nicht unterschätzen

Auch Anna Theil von der größten deutschen Crowdfunding-Seite Startnext betont, dass regelmäßige Kommunikation mit neuen Nachrichten oder Videos wichtig sei. "Der Zeitaufwand war höher, als ich vorher dachte", sagt David Boller. Insgesamt habe er etwa eine halbe Arbeitswoche für seine Aktion investiert. Wenzlaff spricht sogar von einem Vollzeitjob.

Einigkeit herrscht über die Bedeutung der angebotenen Prämien. Die Belohnungen seien wichtiger Teil des Austauschs mit den Unterstützern, sagt Boller. Am besten seien exklusive Angebote, die man regulär nicht bekomme. So bot er an, seine Unterstützer als Figuren in seinem Comic zu verewigen: "Einer hat nach einem Jahr immer noch diese Zeichnung als Profilbild bei Facebook."

Nur wer sich mit dem Projekt identifiziert, gibt Geld

Karsten Wenzlaff meint: "Das Verhältnis von Prämien und Beträgen muss stimmen." Als weiteren Faktor nennt Anna Theil eine klare, einfache Geschichte hinter dem Projekt. Den Menschen müsse klarwerden, warum sie gerade diese Idee unterstützen sollen.

Ein universelles Thema könne helfen, sich persönlich mit einem Projekt zu identifizieren, schreibt die Filmdozentin Jennifer Hoffmann in einem Blogkommentar. So übte die Bostoner Sängerin Amanda Palmer Kritik an der Musikindustrie und stellte die Crowdfunding-Aktion für ihr neues Album als alternatives Finanzierungsmodell für Musiker dar. Damit bekam sie für das im September erschienene Album bei anvisierten 100.000 Dollar fast die zwölffache Summe zusammen.