Zu seinem 40. Geburtstag feierte der Verband mit einer großen Gala seine Vielfalt und seine Erfolge und weist zeitgleich auf die gefährdete Finanzierung von Aidshilfearbeit hin. Bei der Feier im Heimathafen in Berlin-Neukölln waren neben den Gründern Stefan Reiß, Rainer Schilling und Bruno Gmünder die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesgesundheitsministerium, Sabine Dittmar, dabei. Moderiert wurde der Abend von einer der wenigen offen HIV-positiven Prominenten weltweit, der Drag Queen Barbie Breakout ("Drag Race Germany") und DAH-Pressesprecher Holger Wicht.
evangelisch.de: Barbie Breakout, Du bist eine der wenigen Prominenten in Deutschland, die sich offen zu ihrer Erkrankung bekennen. Was hat Dich dazu veranlasst?
Barbie Breakout: Ich hab schon als Jugendliche gemerkt, dass es mir sehr hilft, wenn andere Menschen ohne Scham über Dinge sprechen, die vielleicht gesellschaftlich eher stigmatisiert sind. Offenheit wirkt halt gegen das Stigma.
Damals hab ich dann beschlossen, das in meinem Leben auch so handhaben zu wollen.
Wie geht es Dir mit dieser Diagnose heute?
Barbie Breakout: Meine Diagnose spielt in meinem Leben eigentlich keine Rolle mehr, außer dass ich mich eben für Themen rund um HIV engagiere. Ich nehme eine Tablette täglich. Das ist alles.
Ist Aids aktuell noch ein reines Szene-Thema oder ist es inzwischen in der Mitte der Gesellschaft angekommen?
Barbie Breakout: Also ich merke immer wieder, wie wenig HIV und AIDS überhaupt noch ein Thema sind. Dabei sind innerhalb meiner Community die Neuinfektionszahlen weiterhin rückläufig, seit die Prä-Expositions-Prophylaxe flächendeckend zugänglich ist. Dafür steigen außerhalb der queeren Gemeinde die Neuinfektionen an. Da fehlt es an Informationen und auch an Aufklärung, z.B. über neue Methoden von Safer Sex.
Wie bewertest Du ganz persönlich die Arbeit der Aidshilfe Deutschland?
Barbie Breakout: Ich bin der Aidshilfe einfach wahnsinnig dankbar. Deutschland hat im internationalen Vergleich so vieles sehr richtig gemacht, hat die richtigen Präventionswege gefunden, den richtigen Dialog mit der Politik gefunden. Daran ist natürlich auch die Aidshilfe maßgeblich beteiligt gewesen.
Du bist aktiv an der Präventionskampagne "Ich weiss, was ich tu", für schwule Männer beteiligt. Welche Unterstützung kann die Aidshilfe heute gebrauchen aus Deiner Sicht?
Barbie Breakout: Alle Projekte rund um HIV brauchen weiterhin Geld. Es wird überall gekürzt und viele Gelder fallen zukünftig weg. Das ist für die Arbeit der Aidshilfen und ganz, ganz vieler anderer kleiner Projekte teilweise dramatisch.
Wenn ich ein kleines bisschen dazu beitragen kann, für Sichtbarkeit zu sorgen, bin ich gerne dabei.
Als bekannte Drag Queen ist deine Bühne nicht nur bunt, sondern stets sehr politisch. Vor zehn Jahren hast Du dir beispielsweise für eine Aktion gegen Homophobie den Mund zugenäht. Was treibt dich heute angesichts zunehmender Homophobie und Queerfeindlichkeit in etlichen Ländern an. Bis du besorgt?
Barbie Breakout: Den Mund habe ich mir wegen des des Videos einer Neonazigruppe namens "Occupy Pedophilia" zugenäht, die johlend vor laufender Kamera meist junge schwule Männer körperlich schlimm gequält hat und diese Videos dann unbescholten im Internet geteilt hat. Und ja, ich bin besorgt, aber vor allem wegen der wachsenden Queerfeindlichkeit bei uns hier in Deutschland.
"Ich bin besorgt, aber vor allem wegen der wachsenden Queerfeindlichkeit bei uns hier in Deutschland."
Wirst du persönlich angefeindet sowohl in deiner Rolle als Drag Queen als auch für dein offenes Statement zu HIV?
Barbie Breakout: Ja, klar, immer mal wieder. Was justiziabel ist, kommt zur Anzeige, den Rest versuche ich zu ignorieren.
Du bist Moderationsprofi, bekannt durch das Drag Race Germany, deinen eigenen Podcast oder deine Auftritte beim CSD, bist du überhaupt noch aufgeregt vor deinen Auftritten?
Barbie Breakout: Vor manchen ja, da werde ich manchmal richtig fusselig. Aber meistens geht es.
Danke Dir für das Gespräch.
Die Deutsche Aidshilfe ist 40 Jahre nach ihrer Gründung am 23. September 1983 ein Dachverband mit 115 Mitgliedsorganisationen aus verschiedenen Bereichen. Sie betreibt auf Bundesebene seit 1985 Prävention mit staatlicher Förderung für die besonders stark betroffenen und bedrohten Gruppen (vor allem schwule und bisexuelle Männer, Drogen injizierende Menschen, Menschen in Haft, Migrant:innen aus Ländern mit hoher HIV-Prävalenz sowie Sexarbeiter:innen, mittlerweile auch trans und nicht-binäre Menschen). Sie vertritt außerdem die Interessen von Menschen mit HIV und setzt sich gegen Stigmatisierung ein.