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Markus Dröge, Bischof der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz.
Bischof Dröge: "Berlin darf nicht zur Hauptstadt der Gewalt werden"
Nach dem brutalen Überfall auf einen 20-Jährigen in Berlin fordert der Berliner evangelische Bischof Bischof Markus Dröge: "Gewalt muss dauerhaft zum öffentlichen Thema gemacht werden, nicht nur, wenn wieder ein Mensch verletzt wurde." Die Menschen dürften sich nicht an "no go areas" nicht gewöhnen. Der 20-Jährige war von mehreren Männern auf dem Alexanderplatz niedergeschlagen worden. Er starb am Montag an den schweren Verletzungen.
16.10.2012
epd
Corinna Buschow

Bischof Dröge, gehen Sie nachts unbeschwert durch Berlin oder haben Sie an manchen Orten Angst?

Markus Dröge: Ich gehe in der Regel unbeschwert durch die Stadt. Allerdings versuche ich, wenn ich spät in der Nacht noch unterwegs bin, Orte wie den Alexanderplatz zu meiden. Aber Berlin darf nicht zur Hauptstadt der Gewalt werden. Es kann nicht sein, dass wir uns in der Mitte Europas an "no go areas" gewöhnen.

Man gewinnt den Eindruck, dass die Übergriffe vielleicht nicht häufiger, dafür aber immer brutaler werden. Am Montag starb sogar ein Opfer. Haben Sie eine Erklärung für die Exzesse?

###mehr-artikel###Dröge: Was in den Köpfen und Herzen der Menschen vor sich geht, die besinnungslos und grundlos andere zu Tode treten, fällt mir schwer zu erklären. Ich sehe oft ein Bündel verschiedener Ursachen, wie eigene Gewalterfahrungen im Elternhaus, Frust, falsche Freunde, Alkohol, oder dass manche Menschen Fiktion und Wirklichkeit von gewaltverherrlichenden Filmen nicht auseinanderhalten können. Gerade erst vor wenigen Wochen wurde der Rabbiner Daniel Alter auf der Straße überfallen. Nach dem christlichen Menschenbild hat der Mensch seine Würde durch die Ebenbildlichkeit zu Gott. Jeder Mensch ist unabhängig von Herkunft, Hautfarbe und Religion zu achten.

Was sollten Politik, Gesellschaft und besonders auch Kirche jetzt tun?

Dröge: Gewalt muss dauerhaft zum öffentlichen Thema gemacht werden, nicht nur, wenn wieder ein Mensch verletzt wurde. Dafür ist eine Bündnispartnerschaft von Menschen guten Willens notwendig, von Kirchen, Gewerkschaften und Vereinen wie es ja zum Teil auch bereits geschieht. An Schulen und in Familien bleibt es die Aufgabe, dass Kinder und Jugendliche lernen, Konflikte gewaltlos zu lösen.

Mehr Präsenz von Polizei oder Videoüberwachung können vielleicht ebenso abschrecken wie schnelle Ermittlungen und schnelle Gerichtsverfahren. Bei einer Prügelei dazwischen zu gehen, ist nicht jedermanns Sache, aber den Ratschlägen der Polizei zu folgen, Beamte zu alarmieren, den Mut zu haben, als Zeuge aufzutreten, hilft. Es ist ein hohes christliches Gut, Menschen zu helfen, die in Not sind. Die biblische Geschichte des Barmherzigen Samariters erzählt davon. Aufeinander, auch auf meinen Nachbarn zu achten, den ich nicht kenne, macht unsere Stadt menschlicher.