Freier Eintritt, Bands und Promi-Besuch: Festivalkultur funktioniert nicht nur für Pop- und Rockfans - auch konservative Christen mögen dieses Format. In Essen findet am Samstag (7. Oktober) eine der größten Evangelisierungsveranstaltungen das "Festival of Hope" mit dem US-amerikanischen Baptistenprediger Franklin Graham statt.
In den USA ist der evangelikale Prediger bekannt als Sohn des 2018 verstorbenen berühmten Evangelisten Billy Graham (1918-2018), der vor 30 Jahren wie nun sein Sohn in der Essener Grugahalle predigte. "Ebenso wie meinem Vater liegt es mir am Herzen, die Menschen in diesem großartigen Land wissen zu lassen, dass Gott sie liebt und einen Sinn für ihr Leben hat", erklärt Graham auf seiner Internetseite.
Graham steht an der Spitze der "Billy Graham Evangelistic Association" (BGEA), einer Organisation, die sein Vater gegründet hat, und ist auch Chef der Hilfsorganisation "Samaritan's Purse". Zudem gilt er als Unterstützer des ehemaligen republikanischen US-Präsidenten Donald Trump, der 2024 erneut für die Präsidentschaft kandidieren will.
Das diesjährige "Festival of Hope" hat jedoch eine längere Vorgeschichte: Eigentlich wollte Franklin Graham bereits 2020 als Prediger nach Deutschland kommen, damals hatte seine Stiftung die Kölner Lanxess Arena gemietet. Wegen homophober Äußerungen Grahams gab es jedoch Protest gegen Grahams Auftritt. Das Festival stand kurz vor der Absage, dann kam ohnehin die Corona-Pandemie dazwischen.
Homophobe Äußerungen des Predigers
Was die Reichweite angeht, wird der Sohn seinen Vater in der Grugahalle wohl nicht übertreffen. Nach Berechnung des evangelikalen Magazins "Christianity Today" erreichte Billy Grahams Predigt 1993 etwa 1,8 Millionen Zuhörer weltweit.
Sohn Franklin Graham hat 1989 seine erste "Evangelisierungsveranstaltung" geleitet. Seitdem hat er nach Angaben der Graham-Association in mehr als 55 Ländern gepredigt, darunter der Mongolei, Vietnam, Polen, Südkorea und Mexiko. 2000 wurde er zum CEO der Organisation ernannt.
Graham bekehrte sich nach eigenen Angaben im Alter von 22 Jahren "nach einer Zeit der Rebellion" zum Glauben an Gott. Er habe sich der christlichen Hilfsorganisation "Samaritan's Purse" angeschlossen. Heute ist Graham CEO des Verbandes, der weltweit humanitäre Hilfe leistet. Hohe Gehälter sind nicht ungewöhnlich für Leitungspersonal der evangelikalen Welt in den USA. Bei "Samaritan's Purse" betrug Grahams Jahresverdienst 2022 laut Steuererklärung des Verbandes 807.479 US-Dollar. Das Gehalt für leitende Mitarbeiter seiner eigenen Stiftung sei nicht öffentlich, erklärte Verbandssprecher Mark Barber auf Anfrage des epd.
Grahams verdient mehr als 800.000 Dollar pro Jahr
Wie die meisten weißen Evangelikalen kam Franklin Graham ins Umfeld des früheren Präsidenten Trump. Nach dessen Wahlsieg 2016 schrieb Graham auf Facebook, "die Hand Gottes" habe interveniert, um "gottlose, atheistische, progressive Pläne" zu vereiteln. Bei Trumps Amtseinführung sprach er ein Gebet.
Nach Trumps Wahlniederlage 2020 erklärte Graham, er sei dankbar für dessen vier Jahre an der Macht. Dieser gehe in die Geschichte ein als einer der besten US-Präsidenten. Im Januar sagte Graham dem Fernsehsender CBS, er werde sich nicht bei den republikanischen Vorwahlen einmischen. Im März klagte Graham jedoch auf Twitter über die "eindeutig politisch motivierten Anklagen" gegen Trump. "Die Medien" wollten verhindern, dass Trump kandidiere.
Vater Billy Graham äußerte sich gelegentlich politisch. 1981 bekannte er allerdings in einem Zeitungsinterview, "es ist ein Fehler, das Königreich Gottes mit der amerikanischen Lebensweise gleichzusetzen". Evangelisten sollten nicht mit einer Partei oder Person identifiziert werden.
Trotz seiner Warnungen vor dem angeblichen Zerfall "traditioneller Werte" ließ sich Graham nie von der konservativ-evangelikalen Bewegung der 80er und 90er Jahre vereinnahmen. Wenn er über Politik rede, führe dies zu Streit, sagte Graham 2005 der "New York Times". Er wolle "vom Evangelium sprechen". Sein Sohn übt offenbar weniger Zurückhaltung.