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3. Oktober, ZDF, 20:15 Uhr
TV-Tipp: "Der Kommissar und der See: Narrenfreiheit"
Im Krimi ist der Karneval selten lustig. Das närrische Treiben dient immer wieder gern als Hintergrund für Mord und Totschlag; auch in "Narrenfreiheit", dem zweiten Film mit Walter Sittler als pensionierter Polizist.

Robert Anders, viele Jahre lang deutschstämmiger Kommissar auf Gotland, ist in seine alte Heimat nach Lindau am Bodensee zurückgekehrt, und erneut erweist es sich als vortreffliche Idee des ZDF, dass der Rentner nicht aus seiner Ermittlerhaut kann. Wie schon in "Liebeswahn" ist er auch diesmal persönlich betroffen, denn er hat die Frau, die tot auf einer Brunnenumrandung liegt, am Abend zuvor in einem Restaurant kennengelernt. Dort war er Zeuge, wie sie beim Verlassen des Lokals von einer Horde gruselig vermummter Männer belästigt wurde.

Ein Mitglied der "Schellengeister" erntete prompt die Häme der Kollegen, weil er einen "Transvestiten" angebaggert habe. Tatsächlich ist die Person, die sich Anders als Kaja vorgestellt hat, eine Transfrau; also kein Mann, wie Kommissarin Wagner (Nurit Hirschfeld) ihren Kollegen Keller (Dominik Maringer) korrigiert, sondern "eine Frau, die in einem falschen Körper geboren wurde." 

Jetzt ist Kaja, die früher Christian hieß, tot, mit dem krimitypischen stumpfen Gegenstand erschlagen, und prompt fällt der Verdacht auf die Schellengeister, denn die haben ein ganz erhebliches Problem mit Frauen. Der Brunnen, an dem Kajas Leiche entdeckt wurde, ist ein Denkmal für die Narrenzunft, was der Tat eine pikante Note verleiht: Frauen sind bei diesem Verein nicht erwünscht. Wird eine dabei erwischt, wie sie während der Fasnacht unter die Gruppe mischt, wird sie unter großem Gejohle buchstäblich entlarvt und in den Brunnen geworfen. Damit ist der Film bei seinem Thema.

Vordergründig dreht sich die Geschichte natürlich um die Frage, wer Kaja auf dem Gewissen haben könnte, aber im Grunde geht es um Toleranz und Fortschrittlichkeit. Das gilt nicht nur für die Anfeindungen, die die vom Vater verstoßene Frau einst selbst in der eigenen Familie erleben musste, bis sie nach Skandinavien auswanderte und sich einer Geschlechtsangleichung unterzog; die Schellengeister stehen für die letzten Bastionen der Misogynie im Karneval. 

Die Botschaft wird allerdings nicht durch entsprechende Appelle, sondern durch Haltung und Verhalten vermittelt; hier liegt eine große Stärke des Drehbuchs (Myriam Utz, Andreas Karlström). Umso bedauerlicher, dass der Antagonist auch aufgrund der übertriebenen Verkörperung durch Robert Schupp gänzlich ohne Zwischentöne auskommt: Der Vorsitzende der Narrenzunft ist ein sexistisch polternder Opportunist, der seine Vorbehalte gegen Anders angesichts einiger Flaschen Obstler prompt fahren lässt.

Schade, dass Regisseur Felix Karolus, der auch den ersten Film über den Heimkehrer gedreht hat ("Liebeswahn", 2022), offenbar dem realsatirischen Potenzial der Rolle nicht vertraut hat; der Versuch, eine Karikatur zu parodieren, geht selten gut. Wagner-Kollege Keller darf dagegen dazulernen. Das macht ihn noch nicht liebenswert, von seiner Antipathie gegen Anders, den er für einen Wichtigtuer hält, ganz zu schweigen; aber die Figur wandelt sich.

Plausibel eingefädelt ist auch die erfolgreiche Unterwanderung: Anders’ Jugendfreund Hannes (Gerhard Wittmann) ist der Meinung, der Pensionär brauche dringend Anschluss, um in der alten Heimat wieder heimisch zu werden. Deshalb will er den Fasnachtsskeptiker dazu überreden, ein Schellengeist zu werden. Dem ist "dieser ganze Zinnober" ziemlich fremd, zumal die schwäbisch-alemannische Fasnacht mit ihren oftmals furchterregenden Masken ohnehin nicht jedermanns Sache ist; von Frauen ganz zu schweigen.

Als Mitglied könnte Anders allerdings "undercover" ermitteln. Auf diese Weise lässt sich zudem ein beiläufiger Bezug zum ersten Film einstreuen: Kommissarin Wagner ist die Tochter von Anders’ Jugendliebe. Mit gebotener Strenge untersagt sie dem Rentner, weitere Nachforschungen zustellen, bittet ihn aber im gleichen Atemzug, sie auf dem Laufenden zu halten; hier entwickelt sich eine sympathische und zudem überzeugend gespielte Freundschaft. Karolus hat "Narrenfreiheit" ähnlich unaufgeregt inszeniert wie schon "Liebeswahn", aber wenn es drauf ankommt, erreicht die Umsetzung ihr Ziel: Als sich Kaja zu Beginn verfolgt fühlt und nachts durch die Gassen der Stadt irrt, vermittelt der Film das Unbehagen unangenehm gut. Außerdem gelingt es dem Regisseur mit Erfolg, die Geschichte lange offen zu lassen, zumal das Drehbuch mit Hilfe eines fotografischen Details ziemlich clever auf eine falsche Fährte lockt. 

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