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TV-Tipp des Tages: "Mogadischu" (3sat)
TV-Tipp des Tages: "Mogadischu", 16. Oktober, 20.15 Uhr auf 3sat
Die Rekonstruktion jener Flugzeugentführung, die im Oktober 1977 fünf Tage lang die Republik in Atem hielt, lässt nicht eine Sekunde lang einen Zweifel daran, wem die Bewunderung der Macher gilt.

Das Terrordrama ist gewissermaßen die Fortsetzung zum Kinofilm "Der Baader Meinhof Komplex"; auch "Mogadischu" betreibt die Aufarbeitung der bleiernen Zeit, als Deutschland in der Rasterfahndung steckte. Die Rekonstruktion jener Flugzeugentführung, die im Oktober 1977 fünf Tage lang die Republik in Atem hielt, lässt nicht eine Sekunde lang einen Zweifel daran, wem die Bewunderung der Macher gilt (Buch: Maurice Philip Remy, Bearbeitung: Gabriela Sperl, Regie: Roland Suso Richter). Vor allem Flugkapitän Schumann erfährt so etwas wie eine Rehabilitierung; Thomas Kretschmanns zeigt als Pilot, der sich für seine Passagiere erst demütigen lässt und dann offenen Auges in den Tod geht, eine ungemein berührende Leistung.

Figur am Rande des ständigen Nervenzusammenbruchs

Allerdings hat Schumann auch einen Antagonisten, von dem man sich leicht distanzieren kann: Der französisch-marokkanische Schauspieler Saïd Taghmaoui spielt den Mahmud genannten palästinensischen Terroristen mit so viel hassenswerter Hingabe als Figur am Rande des ständigen Nervenzusammenbruchs, dass Kretschmann und Simon Verhoeven (als Kopilot Jürgen Vietor) kaum noch den Helden markieren zu brauchen. Man kommt ohnehin kaum dazu, die Details zu würdigen. Bestimmt stand während der Gespräche zwischen den verschiedenen Verantwortlichen bei der ARD sowie den Produktionsfirmen teamWorx und EOS mal die Überlegung im Raum, ob die Handlung nicht auf zwei Teile gestreckt werden könne (ganz zu schweigen von der Frage nach der obligaten Romanze, auf die zum Glück ebenfalls verzichtet wurde). Wer immer auch entschieden hat, die Handlung auf gut hundert Minuten zu komprimieren, er hat allen Beteiligten einen großen Gefallen getan: Regie, Kamera (Holly Fink) und Schnitt (Bernd Schlegel) erzählen die Geschichte derart konzentriert, dass es keinen Moment der Entspannung gibt; und erst recht keinen Leerlauf jener Art, wie er jeden Zweiteiler unvermeidlich irgendwann ereilt.

Das liegt nicht zuletzt an einer ungewöhnlichen Entscheidung, die Richter getroffen hat: Der Spezialist für zeitgeschichtliche Großprojekte ("Dresden", "Das Wunder von Berlin", beide ebenfalls mit Fink als Bildgestalter) hat den Film chronologisch gedreht. Das Flugzeug, in dem die Innenaufnahmen entstanden, befand sich auf einem stillgelegten Flughafen in Casablanca. Wie vor gut dreißig Jahren Passagiere und Besatzung der entführten "Landshut", so saßen nun auch die Darsteller Tag für Tag bei über vierzig Grad in der Maschine. Körperliche und geistige Erschöpfung brauchten unter diesen Bedingungen vermutlich kaum noch gespielt werden.

Während diese kammerspielartigen Szenen dank Finks Handkamera und der ausgezeichneten Musik von Martin Todsharow für entsprechende Spannung sorgen, verlässt die Handlung das Flugzeug immer wieder, um die Arbeit des Krisenstabes zu zeigen. Wie schon in dem RTL-Zweiteiler "Die Sturmflut" (auch eine teamWorx-Produktion) schlüpfte Christian Berkel erneut in die Rolle Helmut Schmidts. Selbst wenn man die physiognomische Nachempfindung beiseite lässt: Er macht das famos. Zumal der Bundeskanzler anders als bei der Jahrhundertflut, die er als Krisenmanager bewältigen konnte, zu jener Zeit in einem ungeheuren Gewissenskonflikt steckte: Einerseits hatte er bekundet, Forderungen von Terroristen niemals nachgeben zu wollen; andererseits stand das Leben von 87 Menschen auf dem Spiel. Noch verblüffender aber ist Jürgen Tarrach als Hans-Jürgen Wischnewski: Der Schauspieler geht völlig in der Rolle des damaligen Staatsministers im Bundeskanzleramt auf, der wegen seiner guten Kontakte zu arabischen Staaten gern "Ben Wisch" genannt wurde.

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Dritter im Bunde der Helden außerhalb der "Landshut" ist selbstredend Jürgen Wegener (Herbert Knaup), Chef der Bundesgrenzschutz-Spezialtruppe GSG 9, der das Flugzeug mit seinen Männern in der Nacht vom 17. auf den 18. Oktober stürmte. Eigentlich seltsam, dass diese Aktion, bei der zwar die Terroristen, aber keines der Entführungsopfer zu Schaden kam, nicht als "Wunder von Mogadischu" ins kollektive Gedächtnis eingegangen ist.