Sechs Pfarrerinnen und Pfarrer warteten am Samstag, 16. September, von 16 bis 20 Uhr auf die Menschen, die im Radio von der besonderen Taufaktion hörten oder die Ankündigungen in der Zeitung interessiert verfolgt hatten.
Insgesamt 20 Helferinnen und Helfer standen bereit. Am Ende des Tages hatten sich sieben Männer und Frauen ohne große formale Hürden spontan taufen lassen, vier feierten ihre Tauferinnerung. "Wir waren erfüllt von den vielen Begegnungen und Erfahrungen dieses Tages, so dass wir noch am Abend entschieden haben: Im nächsten Jahr wieder!", so Margit Zahn, Initiatorin und Pfarrerin der Projektstelle "Leben Feiern" im Kirchenkreis Hanau. Man wolle den Zugang zur Taufe erleichtern, die nicht unbedingt mit einem großen Familienfest verbunden sein müsse. Denn es gebe doch manche Hürde vor so einem großen Ereignis.
In der Johanneskirche stimmten an diesem Nachmittag Taufsprüche auf großen Bannern auf die besondere Aktion ein. Jeder konnte sich individuell vorbereiten und Wünsche äußern, sogar musikalische. Es gab zu essen und zu trinken und eine Station zum Gestalten der eigenen Taufkerze, die wenig später an der großen Osterkerze am Taufbecken entzündet wurde. Die Menschen kamen mit Musikern ins Gespräch, konnten mit Ehrenamtlichen und den Pfarrerinnen im Talar die Zeit verbringen, bis sie im Turmzimmer der Kirche, im Garten oder im blau-weißen Pool auf der Wiese die eigene bewegende Zeremonie erleben durften.
Die Band "Criss Cross light" stellte eine Playlist zusammen, aus der die Menschen ihre Lieblingsmusik zur Taufe auswählen konnten. Von "Hallelujah" u?ber "Knocking on Heaven's Door" bis hin zu "Oh Happy Day" war fu?r jeden Geschmack etwas dabei. Wer mochte, konnte zu seiner Taufe natürlich engste Freunde oder Paten mitbringen – oder den besonderen Moment ganz allein erleben. "Wenn du magst, stoßen wir auch gern mit dir an und feiern diesen besonderen Tag mit dir", hieß es in der Einladung zu diesem besonderen Tag. Eigene Gefühle waren ausdrücklich erwünscht: So durften im Gemeindesaal auch die Sekt- und Wassergläser klingen und Pfarrerinnen und Täuflinge sich herzlich in den Armen liegen. Es waren bewegende Momente, in die sich Glückstränen und Freudestrahlen mischten.
"Bei dieser Taufform lerne ich selbst viel über uns als Evangelische Kirche. Wie schwer haben wir es Menschen lange gemacht, sich taufen zu lassen", meint Margit Zahn. Ihr Fazit: Einfacher, unbürokratischer zur Taufe einladen, darum gehe es.
Berührend findet Zahn die Gespräche vor jeder Taufe. In diesem Jahr hat sie eine Frau besonders beeindruckt, die mit ihren zwei Kindern und ihrem Mann extra aus Heidelberg ins hessische Hanau gekommen ist. "Fürchte dich nicht! Ich bin mit dir und mache dich stark." Diese Worte zu ihrer Taufe habe sie für all das Viele gebraucht, das sie derzeit umtreibe. Zuerst habe ihr als Taufort der Garten unter freiem Himmel gefallen. Und dann hat sie sich doch für die große Kirche entschieden: Hier konnte sie den Song "Shallow" hören, den sie sich von der Band gewünscht hatte. "Ich brauche keinen Kurs, in dem ich etwas über den Glauben lerne. Der ist ja schon da, auch wenn ich bisher noch nicht getauft bin. Und ich will das auch nicht so nebenbei mit meinen Kindern erleben. Das soll was für mich sein", betonte der neue Täufling aus Heidelberg.
Nicht nur aus dem Kirchenkreis Hanau mit seinen 24 Gemeinden und 73.000 Mitgliedern kamen Interessenten. Auch Täuflinge aus dem gesamten Rhein-Main-Gebiet und sogar aus Baden-Württemberg waren angereist. Erwachsene brauchten für die Taufe nur ihren Personalausweis mitzubringen, Kinder bis 14 Jahre benötigten die Begleitung von Erwachsenen. Im Jahr 2024 soll es auf jeden Fall eine Fortsetzung geben.