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15. September, 3sat, 20:15 Uhr
TV-Tipp: "Die Frau vom Checkpoint Charlie"
Als der Zweiteiler gedreht wurde ist, geriet die DDR langsam in Vergessenheit. Kaum jemand hat damit gerechnet, dass viele Ostdeutsche gut 15 Jahre später feststellen würden, es sei doch nicht alles schlecht gewesen. Deshalb kommt diese Wiederholung gerade recht, selbst wenn man dem Film sein Alter ansieht.

Der Film führt nachdrücklich vor Augen, wie sehr einige Wenige ihrer Willkür in diesem Unrechtsstatt freien Lauf lassen konnten. Auf der Grundlage des Romans "Gebt mir meine Kinder zurück!" von Ines Veith erzählt Drehbuchautorin Annette Hess die verdichtete, aber authentische Geschichte von Jutta Gallus und ihren beiden Töchtern:

Am Tag ihrer Hochzeit im Frühjahr 1982 erfährt Sara Bender von einem Autounfall ihres Vaters. Wegen ihres Muts, auf Ungereimtheiten in ihrem Betrieb hinzuweisen, ist die Erfurterin immer wieder aktenkundig geworden ("staatsfeindliche Äußerungen"). Man verbietet ihr, den Sterbenden im Westen zu besuchen. Sie stellt einen Ausreiseantrag; auch der wird abgelehnt. Also beschließt sie zu fliehen, nicht ahnend, dass ausgerechnet ihr Verlobter für die Staatssicherheit arbeitet und ihre Wohnung längst verwanzt ist. Die Stasi lässt sie bis Rumänien fahren, dann greift sie zu.

Sara Bender kommt ins Gefängnis, ihre Kinder in ein Heim. Als sie nach zwei Jahren entlassen und in den Westen abgeschoben wird, dürfen die Töchter nicht mit. Mit Hilfe eines perfiden Tricks erreicht ein Anwalt, dass Sara das Sorgerecht dem Staat überträgt, der die Mädchen prompt zur Adoption freigibt: Die DDR will an ihrem Fall ein Exempel statuieren. Doch Sara gibt nicht auf, demonstriert jahrelang an der Grenze und wird als "Frau vom Checkpoint Charlie" weltberühmt.

Veronica Ferres ist der unumschränkte Star des Films und muss ihn ganz allein tragen. Die weiteren Rollen sind mit Peter Kremer (Saras Verlobter Peter), Filip Peeters (ein West-Berliner Journalist) und Michael Schenk (als Stasi-Offizier) zwar sehr prägnant und vor allem stimmig, aber nicht allzu prominent besetzt. Prompt ist zu befürchten, Ferres könne die Geschichte erdrücken, und tatsächlich wirkt die eine oder andere Großaufnahme – etwa, als Sara vom Unfall ihres Vaters erfährt – zunächst allzu dramatisch. Später, als ihr der Postbote die Ablehnung des Ausreiseantrags überreicht, fällt Sara theatralisch die Einkaufstasche zu Boden, die Kohlrabi kullern die Treppe runter.

Mit zunehmender Dauer aber wird Ferres immer überzeugender. Je kämpferischer Sara Bender auftritt, je mehr die Verzweiflung einem unbändigen Willen weicht, umso besser scheint sich die Schauspielerin in der Rolle zurechtzufinden. Deshalb ist es auch völlig zutreffend, wenn Grimme-Preisträger Miguel Alexandre ("Grüße aus Kaschmir", 2004), dem nach seinem eher belanglosen "Störtebeker" (2006) wieder ein richtig guter Film gelungen ist, seine Hauptdarstellerin lobt, sie habe Sara Bender "mit Integrität, Herz und großer Durchlässigkeit dargestellt. Sie hat sich dabei in ihre eigene Seele blicken lassen": ein Zeichen nicht nur für viel Vertrauen in den Regisseur, sondern auch Beleg dafür, wie sehr Ferres von diesem Stoff ergriffen war. 

Der gesamte Film ist geprägt von dem festen Vorsatz, die Geschichte auf hohem Niveau zu erzählen. Respekt gilt vor allem Alexandres dichter Inszenierung. Gerade die Atmosphäre ständiger Bespitzelung im Betrieb und durch die Nachbarn ist ziemlich beklemmend. Auf der anderen Seite sorgen die Szenen mit Ferres und ihren beiden vom Regisseur ausgezeichnet geführten Filmkindern (Maria Ehrich, Elisa Schlott, beide längst selbst gefragte Schauspielerinnen) für heitere Abwechslung. Einen hohen Anteil an der Authentizität des Films hat zudem die Ausstattung von Lothar Holler (Deutscher Filmpreis für "Goodbye, Lenin!"), der die DDR erneut glaubhaft wieder zum Leben erweckt. 

Spätestens die Befragungsszenen wirken wie eine Adaption von George Orwells düsterer Utopie "1984": Sara sitzt allein in einem Raum, das Verhör führt eine anonyme Stimme ohne Gesicht, die aus einem Lautsprecher scheppert; der Mann weiß absolut alles über sie. Auf dieser Basis traut man dem Regime zwar vieles zu, aber trotzdem wirken einige der Übergriffe im zweiten Teil wie eine Räuberpistole, wenn Sara beispielsweise während der finnischen KSZE-Konferenz von Agenten in die finnischen Wälder verschleppt wird. Viel stimmiger und grausamer ist eine andere Untat: Nachdem es nicht gelungen ist, die Mädchen davon zu überzeugen, ihre Mutter habe sie im Stich gelassen, erzählt Peter ihnen, Sara sei gestorben. In diesem Moment wird die Grausamkeit, zu der das Regime fähig war, deutlicher als in all’ den Repressalien. Den zweiten Teil zeigt 3sat am 22. September. 

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