Über die Hälfte der Deutschen treibt regelmäßig Sport. Dies hatte zuletzt im Dezember 2022 die Umfrage einer Krankenkasse ergeben. "Das bedeutet, dass auch viele Christinnen und Christen sich in ihrer Freizeit gerne bewegen. Und natürlich noch viele andere, die mit Kirche nicht viel oder gar nichts am Hut haben", sagt Stephanie Mages, bisher Sportbeauftragte des Dekanatsbezirks Nürnberg. Ein Riesen-Potenzial, an das auch Kirche ran sollte.
Schon vor über einem halben Jahrhundert hat man das auch in der evangelischen Landeskirche in Bayern erkannt, die ebenso wie viele andere Gliedkirchen der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) einen Arbeitskreis Kirche und Sport hat. Sport trägt nicht nur zur Gesundheit von Jung und Alt bei, sondern ist auch ein weites Feld, in dem sich unterschiedlichste Menschen tummeln.
Stephanie Mages erlebt das etwa im Fitness-Center, das die Pfarrerin an der Nürnberger Osterkirche im Stadtteil Worzeldorf regelmäßig aufsucht oder auch in anderen Sport-Einrichtungen der Stadt. "Man kommt dort zwangsläufig ins Gespräch. Wenn ich mich dann als Pfarrerin oute, sind manche etwas verdutzt, andere reden aber sofort drauflos und erzählen von ihren Erfahrungen mit Kirche", berichtet Mages.
Aufgewachsen in einem Dorf nahe Kulmbach ist Mages schon früh in Kontakt mit dem Sport gekommen. "Als junges Mädchen habe ich alles ausprobieren wollen, von Ballett über Reiten und Leichtathletik bis hin zu Fußball. Letzteres war in meiner alten Heimat aber bei einem Mädchen nicht so gerne gesehen", sagt sie. Im Fitness-Center habe sie dann ab dem Erwachsenenalter ihren Ort zum Aktivwerden gefunden. Immer gleiche Bewegungsabläufe durchziehen, gezielte Muskelpartien trainieren, dabei voll abschalten - das war die richtige Sportwelt für die junge Frau. Auch während des Studiums der Theologie habe sie hier immer wieder die nötige Kraft getankt.
Programm reicht von Bouldern bis Bibel-Yoga
Kontakte knüpfen, Menschen mit Kirche wieder versöhnen oder ihnen einfach zeigen, dass man auch als Geistlicher mitten unter ihnen ist - das fange schon bei der Arbeit mit den Konfirmandinnen und Konfirmanden an, sagt die Theologin. Mit ihren Mädchen und Jungen geht sie schon mal zum Stand-up-Paddling auf den Altmühlsee oder zum Bouldern. Aber auch "Biga" - sogenanntes Bibel-Yoga - steht hin und wieder auf dem Programm. Erst kürzlich war sie mit mehreren Teams beim KonfiCup dabei, einem deutschlandweiten Sportprojekt der EKD.
Es sind neben den kleinen vor allem die sportlichen Großereignisse, bei denen sich der Arbeitskreis Kirche und Sport sehen lässt. Wie im vergangenen Jahr bei den European Championships in München. Wenn im Jahr 2024 die Fußball-Europameisterschaft in Deutschland stattfindet, will man auch an mehreren Orten dabei sein. "Das bedeutet, sich vorstellen, zeigen und die Sporttreibenden wie Verantwortlichen ein stückweit überzeugen, dass es sich mit einem Segen vielleicht besser gewinnen lässt. Oder wenn man verliert, darin Zuspruch zu finden", beschreibt Mages ihren Dienst.
Dass sie gerne mal selbst den Talar ablegt und ins Sporttrikot schlüpft, findet Mages ganz normal. "Man erwartet diese Form der Körperlichkeit nicht von Pfarrerinnen oder Pfarrern. Das ist aber ein Klischee. Wir sind wie alle anderen auch", sagt sie. Man könne sich als sportlicher Mensch und Kirchenmensch gleichzeitig zeigen und werde so nahbarer. Sie ist überzeugt: "Wenn wir nur den Geist füttern, uns konzentrieren und arbeiten, dann fehlt was. Ebenso, wenn wir nur an unserem Körper arbeiten." Das gelte im Übrigen nicht nur für junge Menschen. Auch Ältere, bei denen die Kräfte nachlassen, sollen vom Arbeitskreis mit seiner Inklusionsarbeit aufgenommen und ermutigt werden, sich nicht hängenzulassen.