Neues Leben haucht die evangelische Gemeinde Prien derzeit ihrer Sprengelkirche in Breitbrunn ein: Bis Frühjahr 2024 soll die kleine denkmalgeschützte Kirche, die 1964 nach Plänen von Gustav Gsaenger erbaut wurde, zu einem Ort für Stille und Begegnung werden. "Wir wollen einen Raum für Menschen schaffen, in dem sie Spiritualität leben, Ruhe finden und Kraft tanken können", sagt Carola Hoop, Assistenz im Pfarrbüro und Ideengeberin des Projekts. Schon lange sei klar gewesen, dass die Gemeinde aufgrund des Mitgliederrückgangs das zweite Standbein in Breitbrunn nicht dauerhaft würde halten können. Als Hoop dann 2018 in Hamburg die "Kirche der Stille" entdeckte, war sie von dem Konzept eines offenen Meditationsorts sofort begeistert. "Das ist genau das, was für Breitbrunn passt", dachte sie sich - und überzeugte Schritt für Schritt auch ihre Gemeinde in Prien davon.
80 Quadratmeter zum Wohlfühlen
Schon im Mai haben die Umbau-Arbeiten begonnen: Der eckige Kirchraum unter dem offenen Zeltdach wird renoviert, die Bänke werden entfernt und in der Tenne eines Gemeindemitglieds eingelagert, Sanitäranlagen eingebaut. Eine Fußbodenheizung, die Dämmung und Öffnung der Glasfront zum südseitigen Garten und ein heller Anstrich für die Holzdecke sollen aus dem 60 Jahre alten Kirchlein einen etwa 80 Quadratmeter großen Wohlfühlraum für Meditationsgruppen aller Art machen. Denkbar sei alles, was zum Thema Spiritualität passe: Meditationsangebote, Exerzitien im Alltag, Kontemplation, aber auch Qi Gong, Yoga oder Kurse für Handpan, einer Art Klangtrommel, sowie Paarseminare oder kleinere Konzerte.
Daneben wolle man den neugestalteten Raum auch für Familienangebote oder Eltern-Kind-Gruppen öffnen. "Es wird immer nur eine Veranstaltung pro Zeitraum stattfinden", sagt Carola Hoop, die für das Raummanagement zuständig ist. So bekomme jede Gruppe die Atmosphäre, die sie brauche. Kommerzielle Anbieter sollen für die Nutzung eine Raumspende entrichten, kostenlose Anbieter bekommen die Kirche gratis - das genaue Konzept werde bis zur geplanten Fertigstellung im Frühjahr 2024 erarbeitet.
Projekt soll neues Profil verleihen
Weil die Erlöserkirche künftig auch externen Anbietern und Gruppen offenstehen wird, bekommen die Priener für den Umbau einen großzügigen Zuschuss aus dem bayerischen "LEADER"-Förderprogramm für Entwicklung im ländlichen Raum: Die gut 157.000 Euro sind der größte Einzelposten in der 515.000 Euro umfassenden Kalkulation. Rund 30.000 Euro gibt die Landeskirche dazu, weitere 17.000 Euro fließen aus öffentlichen Mitteln für die energetische Sanierung. Das Spendenbarometer der Gemeinde hat schon die 80.000-Euro-Marke geknackt; rund 100.000 Euro sollen es noch werden. Der Rest wird über Kredite finanziert.
Den großen Gewinn des Projekts sieht Hoop darin, dass der Sprengel Breitbrunn durch das Konzept ein eigenes Profil bekomme, das sich im trubeligen Gemeindezentrum von Prien so nicht verwirklichen ließe. "Ein spiritueller Raum fehlt hier", stellt Hoop fest. Dafür würden auch Menschen in Prien den Weg nach Breitbrunn in Kauf nehmen - und die Gemeinde mehr zusammenwachsen.
Und dann ist da noch die Idee mit der "digitalen Spielwiese". Wie wäre das, wenn man in den freien Zeitfenstern - die beim Konzept des Meditationsorts fest eingeplant sind - die Kirche betritt und je nach Bedürfnis ein digitales Angebot starten könnte? "Das kann eine geführte zehnminütige Meditation sein, für die man sich eine Decke nimmt, oder ein Kurzgottesdienst oder leise Musik", zählt Carola Hoop auf. Ein Pfarrer müsste dafür nicht vor Ort sein - und dennoch bekäme jeder Besucher, jede Besucherin einen spirituellen Impuls. Wer die Technik lieber außen vor lässt, bekommt auch etwas: einen Raum der Stille für einen Moment der inneren Einkehr.