Eine neue Rolle würde die Kirche "aus ihrem goldenen Käfig des Kirchensteuersystems befreien, den sie freiwillig niemals verlassen und in dem sie doch langfristig bei lebendigem Leibe verhungern werden", schrieb Jörg Lauster in einem Gastbeitrag in der im hessischen Oberursel erscheinenden Monatszeitschrift "Publik-Forum" (Ausgabe vom 25. August).
Die Epoche der Volkskirchen sei "definitiv zu Ende", bemerkte der Professor für Systematische Theologie an der evangelisch-theologischen Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität München. Die Kirchen bräuchten nur "ein ausgewähltes Maß an Immobilienbesitz", etwa für Versammlungsorte und Sakralräume. Alles andere sei Ballast, der die Arbeitskraft von Pfarrerinnen und Pfarrern binde.
Lauster sprach dabei von "geistlicher Verschwendung". Bauwesen, Finanzen und mediale Präsenz der Kirchen seien in der Hand von Experten besser aufgehoben. Pfarrerinnen und Pfarrer wären dann befreit, sich um ihre Gemeinde zu kümmern: "Sie hätten Zeit für etwas, was in einer digitalisierten Welt zu einer wahren Kostbarkeit wird: die persönliche Begegnung und das Gespräch."
Weltweit bezeichneten sich immer noch 80 Prozent der Menschen als einer Religion zugehörig, erklärte Lauster. Er halte es daher für nicht abwegig, die Unterstützung von Religionsgemeinschaften zu einem Element staatlicher Daseinsfürsorge zu machen.
Wenn die Kirchen in der Frage der Staatsleistungen Entgegenkommen zeigten, könne der Staat umgekehrt anerkennen, dass Religion ein "elementarer Grundvollzug menschlicher Lebensbewältigung" sei. Eine staatliche Förderung der Ausbildung von Pfarrern, Rabbis und Imamen sei ein Modell, das Gemeinden unabhängig von "der in einigen Fällen nicht immer durchsichtigen Unterstützung aus dem Ausland" mache.