dpa/Armin Weigel
Twitter ist per Handy immer und überall verfügbar, auch im Gottesdienst.
Unter dem Christus die Twitterwall
Wer im sonntäglichen Gottesdienst sein Smartphone zückt, wird meist kritisch beäugt. Das Handy hat im Gottesdienst nichts zu suchen. Meistens jedenfalls. Denn in der Kirchengemeinde Frieden und Versöhnung im Frankfurter Gallusviertel dürfen am Sonntag die Handys anbleiben. Sie sollen es sogar, denn die Gemeinde feiert einen Twittergottesdienst.
12.05.2012
evangelisch.de

Wie geht das, mag sich der ein oder andere fragen, so ein Twittergottesdienst? Ein paar Zutaten braucht man dazu: eine Leinwand, einen Beamer, viele eifrige Twitterer und natürlich einen großen Schuss Internet. Der Gottesdienst wird dann komplett getwittert, der Ablauf ebenso wie die Lesungen. Weil man auf Twitter allerdings nicht singen kann, werden die Lieder (wie auch die Bibeltexte) einfach verlinkt. Wer dem Gottesdienst zuhause folgt, kann sich das dann anschauen, während die Gemeinde in der Kirche singt.

Das wird auch die Gemeinde Frieden und Versöhnung tun, zusammen mit den Teilnehmern des Relicamps 2012. Die Pfarrer, Kirchenreferenten, Religionspädagoginnen und Religionslehrerinnen haben sich am Wochenende schon gemeinsam die Köpfe zerbrochen über Kirche im Internet, über Social Media – Facebook & Co. – und digital unterstütztes Lernen. Am Sonntag, 13. Mai, feiern sie um 10 Uhr den Twittergottesdienst mit der Gemeinde.

Jeder kann mitmachen

Einer von ihnen ist Ralf Peter Reimann, Pastor und Internetbeauftragter der Evangelischen Kirche im Rheinland, der zusammen mit dem Gemeindepfarrer Nulf Schade-James den "Twigo" vorbereitet hat. "Im Gottesdienst wird eine Frage gestellt, und die Gottesdienstbesucher können die Antwort auf Karteikarten schreiben oder direkt twittern", erklärt Reimann, wie auch die nicht-twitternden Gottesdienstbesucher mitmachen können.

Wer diesen Twittergottesdienst verpasst, kann einen auch anderswo erleben. Jeden ersten Samstag im Monat um 19 Uhr feiert die Markusgemeinde in Ottakring (Österreich) einen Twittergottesdienst, der live ins Internet gestreamt wird unter online-andacht.at.

Natürlich darf auch jeder, der von außen mitliest, einfach twittern – das Hashtag dafür ist #rctg12 (Relicamp Twittergottesdienst 2012). Auf eine Leinwand neben dem Altar wird eine so genannte Twitterwall projiziert, auf der alle Tweets mit diesem Stichwort gesammelt und angezeigt werden. "So sieht die Gemeinde, wie der Gottesdienst auf Twitter angenommen wird", sagt Reimann.

Es ist übrigens der Sonntag "Rogate" im Kirchenjahr: "Betet". Darum werden auch die Fürbitten besonders gesammelt, während des Gottesdienstes nämlich entweder auf Karteikarten oder eben aus der Kirche und von draußen per Twitter. Dann werden sie in der Kirche gemeinsam gebetet. In der Predigt sagt Gemeindepfarrer Nulf Schade-James: "Auch wenn er unseren Augen entzogen ist, bleibt Gott ansprechbar im Gebet." Im stillen Gebet, im gemeinsamen Gottesdienst und eben auch ganz modern per Twitter.