Zu politisch kann Kirche gar nicht sein, sagt der evangelische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm. Zumindest wenn es um die Frage der Klimakrise geht. Eine engagierte Klimapolitik sei angesichts der Warnungen des Welt-Klima-Rates nicht nur wünschenswert, sondern überlebensnotwendig: "Klimapolitik ist ethisch relevant", sagte der scheidende Landesbischof in der Evangelischen Akademie Tutzing, die ihm zu Ehren am Wochenende die Tagung "Politisches Christentum und christliche Politik" veranstaltete.
Außerdem hat der frühere EKD-Ratspräsident über den von der Ukraine geplanten Einsatz von Streubomben im russischen Angriffskrieg scharf kritisiert. "Es gibt gute Gründe dafür, dass eine breite Gemeinschaft von Staaten Streubomben völkerrechtlich geächtet hat", sagte Bedford-Strohm.
Bedford-Strohm warnt vor Streubomben im russischen Angriffskrieg - auch von Seiten der Ukraine
Sie seien anders als andere Waffen gerade für die Zivilbevölkerung von besonders zerstörerischer Wirkung, auch nach dem Ende des Kriegs. Wenn sich die westliche Seite "jetzt auf das Niveau der russischen Kriegsführung" begebe, sei das "nicht akzeptabel". Die völkerrechtliche Ächtung von Streubomben müsse sich gerade dann bewähren, "wenn die militärische Lage den Wunsch weckt, sie einzusetzen", kritisierte er.
In Tutzing sprach auch der Münchner Erzbischof Kardinal Reinhard Marx. Auch er sieht einen politischen Auftrag der Kirchen. "In Zeiten von Nationalismus und Autoritarismus, Grenzen und Kriegen, bleiben wir Universalisten. Wir bleiben Schwestern und Brüder", sagte Marx in seinem Vortrag. Die Herausforderung sei, als eine Minderheit, die die Kirchen in absehbarer Zeit sein würden, zu allen Menschen zu sprechen. Nur eine Gemeinschaft, die an allen Menschen interessiert sei, besonders an den Kranken und Schwachen, könne eine politische Relevanz haben.
Für den Chef der bayerischen Staatskanzlei, Florian Herrmann (CSU), sind das Christentum und die Kirchen ein großer Schatz und ein wichtiges Fundament für die Gesellschaft. "Die Kirchen haben uns viel zu sagen und zu geben", erläuterte er. Nur die Religionen seien in der Lage, "grundlegende Moral- und Wertvorstellungen in die gesellschaftlichen Debatten einzubringen". Ein religiös neutraler Staat dürfe eben nicht gleichbedeutend sein mit einer "Gleichgültigkeit des Glaubens" in Politik und Gesellschaft.
Zum Abschluss des Symposiums am Sonntag betonte Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm die Bedeutung Öffentlicher Theologie für die erfolgreiche Zukunft pluraler Gesellschaften. Öffentliche Theologie sei nicht der Missbrauch von Gott und Religion, um bestimmte politische Ziele zu legitimieren. Ihre Aufgabe sei es, aus der Perspektive der jeweiligen Religion heraus kritisch in den politischen Raum hineinzuleuchten.
Weit mehr noch als bisher "müssen wir die großen Fragen unseres Landes in der Gemeinschaft der Religionen angehen", sagte Bedford-Strohm, der mehr Lehrstühle für andere Religionen an den Universitäten forderte. Nur wenn auch andere Religionen die Möglichkeiten hätten, an den Universitäten sozialethische Perspektiven zu entwickeln, "und nur wenn wir offen darüber sprechen, wo wir als Religionen das Problem sind und nicht die Lösung, können wir wirklich dem Frieden in der Gesellschaft dienen".