Mit der Lautstärke sollte man wie beim Posaunenspiel sparsam und bedacht umgehen, sagte Kretschmann, der als Jugendlicher selbst Posaune spielte, im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd) anlässlich des Landesposaunentags am Wochenende auf der Bundesgartenschau (BUGA) in Mannheim.
Herr Ministerpräsident Kretschmann, Sie sind am Samstag beim Landesposaunentag auf der BUGA. Werden Sie auch selbst zur Posaune greifen?
Kretschmann: Als junger Mensch habe ich ganz leidlich Posaune gespielt und war durchaus auch ambitioniert. Allerdings habe ich letztlich leider viel zu früh damit aufgehört. Ich bin dem Posaunenspiel aber immer verbunden geblieben. Jetzt noch selbst zur Posaune zu greifen - das will ich weder dem Publikum noch den grandiosen Musikerinnen und Musikern des Landesposaunentags zumuten.
Sie haben in der Stadtkapelle Riedlingen und im Fanfarenzug der Narrenzunft gespielt. Was begeistert Sie an dem Instrument?
Kretschmann: Mein älterer Bruder hatte einen Plattenspieler und Jazzplatten. Meine Eltern waren davon nicht unbedingt begeistert, sie ließen uns aber gewähren. Wir haben Dave Brubeck gehört, sein geniales "Take Five", und Kid Ory. Die Qualität seines Posaunenspiels ist einfach ungeheuer. Um das Stück "Ory’s Creole Trombone" zu spielen, das mich so fasziniert hatte, hat es aber leider nie gereicht.
Was macht Posaunenchöre aus, deren Ursprünge in der evangelischen Kirche sind?
Kretschmann: Was den Katholiken die Bilderpracht ist, ist den Protestanten die Fülle der Musik. Dafür steht schon das unvergleichliche Werk von Bach. Martin Luther hat das Gemeindesingen erfunden und die Posaunenchöre sind die instrumentelle Begleitung der Gemeinde. Ein kirchlicher Posaunenchor spielt also letztlich zum Lob Gottes.
Es ist also durchaus eine geistliche Erfahrung, zuzuhören oder auch mitzusingen oder gar mitzuspielen. Und Kirchenmusik stiftet immer auch Gemeinschaft, sie ist in einer Gemeinde oder einem Kirchenbezirk verortet und bringt Menschen zusammen, die dort leben und ihre Heimat teilen. Und das über alle Milieus und Generationen hinweg, von Jungbläsern bis zu Senioren. Das ist ein ganz großer Schatz für unsere Gesellschaft!
Wo ist es leichter, den richtigen Ton zu treffen, mit der Posaune oder in der Politik?
Kretschmann: Beides sind schwer bespielbare Instrumente, die viel Übung und ein gutes Gespür erfordern. Aber einen Unterschied gibt es natürlich: Die Bedingungen für die Erzeugung von Schallwellen in der Musik bleiben gleich, während sich die Bedingungen für die Erzeugung politischer Resonanzen dramatisch ändern können.
Mit ein und demselben Satz kann man an einem Tag ein positives Echo erzeugen und schon am nächsten einen Erregungssturm. Das bedeutet umgekehrt aber nicht, dass es leichter ist, mit der Posaune den richtigen Ton zu treffen. Musik ist eine Kunst, Politik ein Handwerk.
Die Posaune ist ein lautes Blechblasinstrument. Muss man in der Politik manchmal auch Sachen "laut hinausposaunen", um wahrgenommen zu werden?
Kretschmann: Wenn man mit der Lautstärke sparsam und bedacht umgeht und sich stattdessen auf gängige und interessante politische Melodien konzentriert, kann man in der Politik auch Erfolg haben. Da die Posaunen uns am jüngsten Tag aus den Gräbern rufen, müssen sie schon laut sein.