ChatGPT und KI sind auch in der Kirche angekommen. Als Werkzeug, um Menschen zu erreichen, gibt es ein großes Potential. Wichtig sei dabei, dass man auch die Missbrauchsmöglichkeiten im Blick habe, sagte Ingo Dachwitz, Medienwissenschaftler und Redakteur von netzpolitik.org. Denn das sei das Problem dahinter, dass hier eine Technik auf den Markt komme, die dann kaum zu kontrollieren sei.
Mit Blick auf die Kirche herrschte auf dem Podium einhellig die Meinung, dass Kirche auf jeden Fall das gute Potenzial der KI für sich nutzen solle und nicht nur diskutieren, sondern auch machen solle. Zum Beispiel gebe es die Möglichkeit "soziale Gruppen für die Kirche anzusprechen, die auf anderem Weg gar nicht mehr erreichbar" seien, sagte die Pfarrerin und Poetry-Slammerin Veronika Rieger. Sie plädierte auch für mehr digitale Pfarrstellen für digitale Kirche. Vieles laufe da bislang nur ehrenamtlich.
Auch Peter Bönisch, IT-Leiter der Evangelischen Kirche in Bayern, sprach sich für neue digitale Wege in der Verwaltung aus, die mit der KI gebündelt werden können. Gerade im Bereich Kundenbindung und Dialog könnte der Servicebereich der Kirche besser ausgebaut seien. Vor allem wünschte er sich, dass es mehr Angebote für junge Menschen zwischen der Konfirmation und erster Arbeitsstelle gebe. Bönisch ergänzte: Es brauche "eine Kommunikationszentrale aus KI für kirchliche Angebote" und das müsse "eine Leistung aus der Gemeinde" sein. Und die zentralen Einrichtungen der Kirche müssten die Gemeinden dabei unterstützen. Doch das beste Zusammenführen von Daten zu Marketingzwecken über religiöse und kulturelle Orientierung "nütze nichts, wenn die Angebote in der Kirche nicht da sind", so Ingo Dachwitz.
Grundsätzlich hat keiner der Diskutierenden etwas dagegen, die KI etwa als Predigthilfe einzusetzen. Der Theologe und Ethiker Peter Dabrock bemerkte augenzwinkernd, die Pastor:innen sollten dabei authentisch bleiben. Wenn ein bodenständiger Pastor plötzlich "pseudophilosophisch predigt", sollte man sich schon wundern. Ob durch den Einsatz von KI auch viele Arbeitsplätze verloren gehen, darüber war man sich uneinig. Veronika Rieger glaubte, dass nicht massenweise Graphiker ihren Job verlieren. Auch wenn es inzwischen KI-generierte Fotos vom Papst im Fashionmantel gebe.
Chatroboter für den Notstand - nicht als Ersatz
Auch in der Pflege gibt ein Potential für die KI. Auch hier war man sich auf dem Podium einig, dass ein Chatroboter nur als Ergänzung dienen kann, "um den Notstand auszugleichen, nicht als Ersatz", sagte Dachwitz. Nicht um Lücken und Mängel in der Therapie auszugleichen. Doch es gebe Grenzbereiche, wo der KI-Einsatz eine Möglichkeit sei Hilfe zu geben. Bei Demenz-Erkrankten, die mitunter ein hohes Liebesbedürfnis hätten. Da könnten Kuschelrobben mit KI eine Wahl sein, sagte der Ethiker Peter Dabrock. Denn diese Hilfsmittel funktionierten wie soziokulturelle Systeme, die sich selbst trainierten.
"Mischt euch ein – teilt eurer Wissen!"
Bislang sei auch die soziale Dimension der KI in den sozialen Medien "unterbelichtet", gab Dachwitz zu bedenken. Es gebe nicht nur "Hass" an sich, sondern konkret Kommentare, die aus der Ecke von Rechtsextremen stammen, oder aus der Ecke der Sexisten oder Homophoben. Da solle man widersprechen, sich einmischen und sein Wissen teilen.
Bei aller Hoffnung, die man künftig auf KI setzen wolle, die Großkonzerne dahinter werden schwer zu kontrollieren sein, hieß es auf dem Podium. "Die großen Unternehmen werden ihr Ding durchziehen, da schrecken auch Milliardenstrafen nicht ab", sagte Bönisch. Weil die Mehrheit in der Bevölkerung die KI nutzen werde. Er sehe es auch als "Ablenkungsmanöver" von der Machtfrage, wenn die Konzerne auf die Weltpolitik verweisen. Dass sich beispielsweise China, Russland oder EU zuerst auf Richtlinien einigen sollten.