Jessica Love: Julian feiert die Liebe
Julian und Marisol haben gemeinsam viel Spaß als Gäste bei einem rauschenden Hochzeitsfest.
Eine Hochzeit ist immer faszinierend, für Kinder wie für Erwachsene. Die amerikanische Autorin und Illustratorin Jessica Love zeigt eine sehr bunte, gleichzeitig zauberhafte Feier, bei der Julian und Marisol Gäste sind. Ihre Illustrationen zeichnen sich aus durch filigrane Texturen in Kleidung, Gegenständen und Natur sowie durch eine expressive Farbigkeit. Die feingezeichneten, ausdrucksstarken Gesichter der ausgelassen Feiernden sind ganz leicht überzeichnet.
Julian (schon bekannt aus dem Bilderbuch "Julian ist eine Meerjungfrau"), wird als träumerisches Kind mit Blumen im Haar dargestellt. Er erweist sich als ein guter Freund für Marisol, als diese beim Herumtollen mit dem Hund ihr gelbes Tutukleid von oben bis unten beschmutzt.
Die Geschichte wird vorwiegend durch die Bilder erzählt, Text nur sehr sparsam eingesetzt. Jessica Love setzt bewusst ein Zeichen, indem sie alle Personen als PoC (People of Color) darstellt, als Hochzeitspaar zwei Frauen wählt und mit Genderklischees spielt.
Das Buch zeigt - verpackt in eine ansprechende Bildwelt und leichtfüßige Freundschaftsgeschichte - menschliche Vielfalt und Akzeptanz. Zum Vorlesen und Entdecken ab 4 Jahren. Birgit Schönfeld
Love, Jessica: Julian feiert die Liebe. München: Knesebeck 2021. ISBN 978-3-95728-471-6, geb.: 13,00 €
Malinda Lo: Last night at the telegraph club
Liebesgeschichte im San Francisco der 50er Jahre.
Mitte der fünfziger Jahre lebt Lily mit ihrer Familie als Teil der chinesischen Community in San Francisco. In ihrem letzten Highschool-Jahr freundet sie sich mit Kathleen an, mit der sie Träume von einer Zukunft teilt, die für Frauen in der damaligen Zeit nicht vorgesehen ist. Gemeinsam ist ihnen auch die Faszination für den Telegraph Club, wo die "Herrenimitatorin" Tommy Andrews auftritt. Und so schleicht sich Lily eines Nachts aus dem Haus und betritt mit Kathleen eine neue Welt, in der sie sich noch näher kommen. Bis es schließlich zu einer folgenschweren Razzia kommt.
Ein ganz wunderbar leicht zu lesender Roman über das Erwachsenwerden, eine berührende Liebesgeschichte historisch eingebettet in die Jahre nach McCarthy. Eine Geschichte über Freundschaft, Loyalität und das Finden der eigenen Identität, in kleinen Szenen fein herausgearbeitet.
Das Buch ist so spannend und der historische Rahmen so perfekt, dass man sich am Ende fast schon betrogen fühlt, den genauen Werdegang der beiden nicht ergooglen zu können.
Ein hervorragend recherchierter und packend erzählter Roman, den man kaum aus der Hand legen kann. Sabine Klohn
Lo, Malinda: Last night at the telegraph club. München: Dt. Taschenbuch Verl. 2023. ISBN 978-3-423-76419-3, geb.: 19,00 €
Bernardine Evaristo: Mr. Loverman
Das späte Coming-out eines karibischen Einwanderers im London der frühen 2000er Jahre.
Der 74-jährige Barrington Jedidiah Walker hält so manche Überraschung parat: Als Einwanderer von der Karibik-Insel Antigua arbeitete er vierzig Jahre bei Ford Motors in London Dagenham, belegte aber nebenher Abendkurse, um das ihm verwehrte Universitätsstudium wieder wettzumachen. In den 1960er Jahren begann er, erfolgreich in Immobilien zu investieren und machte die Arbeit als Maschinenschlosser zu seinem eigenen Vergnügen weiter. Schließlich ist er seit 50 Jahren mit der strenggläubigen Carmel verheiratet, führt jedoch seit Jahrzehnten heimlich eine Beziehung mit seinem Jugendfreund Morris.
Als Carmel darüber nachdenkt, ihren schwer kranken Vater auf Antigua zu besuchen, wächst in Barrington der Beschluss, sich endlich zu seiner Sexualität zu bekennen.
Humorvoll erzählt die Autorin vom Coming-out des liebenswerten Dandys, gibt aber auch der enttäuschten Ehefrau in sechs Kapiteln eine Stimme.
Ein Buch voller Poesie, Ironie und literarischer Experimentierfreude. Amelie Sareika
Evaristo, Bernardine: Mr. Loverman. Stuttgart: Klett-Cotta 2023. ISBN 978-3-608-50489-7, geb.: 25,00 €
Have Pride. Meilensteine und Persönlichkeiten der LGBTIQ*-Bewegung
Geschichte der Pride Bewegung, die sich für Freiheit bei der sexuellen Orientierung einsetzt, anhand von Lebensläufen.
Obwohl Wörter wie "homosexuell", "bisexuell" und "transgender" erst im 20. Jahrhundert in Mode kamen, gibt es Hinweise auf gleichgeschlechtliche Liebe in vielen Kulturen seit es Menschen gibt. Die Verfolgung und Benachteiligung dieser Menschen kann ab 342 n. Chr. nachgewiesen werden, als ein spätrömisches Gesetz die gleichgeschlechtliche Ehe verbietet. Dieser farbenfrohe Band richtet sein Augenmerk jedoch auf die Zeit ab 1867 als der deutsche Schriftsteller Karl Heinrich Ulrichs erstmal öffentlich die Homosexualität verteidigt und 1897 als der Arzt Magnus Hirschfeld in Berlin das wissenschaftlich-humanitäre Komitee gründet, die erste Organisation, die sich für die Homosexuellen-Rechte einsetzte. Dass 2001 die Niederlande als erstes europäisches Land die gleichgeschlechtliche Ehe legalisiert, zeigt das wachsende Selbstbewusstsein einer Bewegung, die sich den Namen Pride (Stolz) gegeben hat.
Anhand vieler Biografien, Bilder und Kommentare aus der "Community" erschütternd und kurzweilig zu lesen. Ein wichtiger Einblick in Minderheitenrechte zum Diskurs in Gemeinden, da die Kirchen maßgeblich an der Verfolgung beteiligt waren. Bärbel McWilliams
Have Pride. Meilensteine und Persönlichkeiten der LGBTIQ*-Bewegung. Stella Caldwell. Ill. von Season of Victory. Münster: Coppenrath 2022. ISBN 978-3-649-64311-1, geb.: 18,00 €