Verschwörungserzählungen und Legenden haben eins gemeinsam: Beide enthalten ein Körnchen Wahrheit; und manchmal auch mehr als das. Deshalb machen sich Äonen nach dem Untergang uralter Kulturen immer noch Menschen auf die Suche nach den Überresten einstiger Herrlichkeit. Das alte Ägypten mit seinen faszinierenden Bauwerken ist in dieser Hinsicht eins der beliebtesten Reiseziele.
Die weltberühmten drei Königspyramiden von Gizeh am Westufer des Nils zum Beispiel, erbaut in der Mitte des dritten Jahrtausends vor Christus, gehören zu den ältesten und bekanntesten Bauten der Menschheit. Die Cheops-Pyramide war mit fast 150 Metern viertausend Jahre lang das höchste Bauwerk der Welt; eine architektonische Meisterleistung ist sie ohnehin. Es soll jedoch eine vierte Pyramide gegeben haben, die angeblich noch beeindruckender war, weil sie höher lag und ihr Glanz daher bereits aus großer Entfernung zu sehen war. Mit ihrem Film "Die vergessene Pyramide" (20.15 Uhr) dokumentiert Laura Zirkel den Versuch eines Archäologen, dieses Geheimnis zu ergründen.
Im Rahmen der Reihe "Mythos – Die großen Rätsel der Geschichte" zeigt das ZDF fünf neue Folgen. Es geht unter anderem um Phänomene wie den Yeti (21.45 Uhr), um die vor dreitausend Jahren verschollenen Stämme Israels (23.15 Uhr) oder um die Frage, ob Verstorbene tatsächlich als hirnlose "Zombies" wiederkehren können (22.30 Uhr). Diese Episode ist wegen der Ausschnitte aus entsprechenden Kinoproduktionen oder Serien der mit Abstand unappetitlichste Beitrag. Ziemlich gruselig sind auch die Ausführungen über sogenannte Zombie-Zikaden, die noch flugfähig sind, obwohl ihnen der halbe Hinterleib fehlt. Trotzdem dominiert auch hier ein wissenschaftlicher Ansatz. Darin liegt ohnehin die große Qualität der Reihe: Die Filme bieten eine fesselnde Kombination aus Freude an der Spekulation über den Wahrheitsgehalt populärer Mythen und wissenschaftlicher Spurensuche.
Tilmann P. Gangloff, Diplom-Journalist und regelmäßiges Mitglied der Jury für den Grimme-Preis, schreibt freiberuflich unter anderem für das Portal evangelisch.de täglich TV-Tipps und setzt sich auch für "epd medien" mit dem Fernsehen auseinander. Auszeichnung: 2023 Bert-Donnepp-Preis - Deutscher Preis für Medienpublizistik (des Vereins der Freunde des Adolf-Grimme-Preises).
Bei der ersten der neuen Produktionen spielt zudem die digitale Technik eine wichtige Rolle: Dank einer Computeranimation kann die sagenumwobene vierte Pyramide aufs Neue entstehen. Tatsächlich sind bereits Mitte der Neunziger erste Hinweise entdeckt worden, dass Pharao Djedefre, Cheops’ Thronfolger, auf einem Plateau ganz in der Nähe von Gizeh ein noch prächtigeres Grabmal errichten ließ. Es war zwar deutlich kleiner, aber dank seiner erhöhten Lage scheinbar höher. Die Anmutung muss berückend gewesen sein: Die erste Stufe bestand aus rotem Granit, der obere Teil aus weithin leuchtendem hellem Kalkstein. Übrig geblieben ist jedoch allein das mächtige Fundament; was ist mit dem Rest passiert? Der britische Ägyptologe Chris Naunton sucht nach der Lösung des Rätsels; internationale Sachverständige sorgen für Hintergrundinformationen.
Faszinierend ist in diesem Zusammenhang auch ein Exkurs in einen bayerischen Steinbruch. Dort führt ein Ingenieur mit Hilfe eines guten Dutzends Helferinnen und Helfer vor, wie es vor knapp viertausend Jahren möglich war, tonnenschwere Blöcke zu transportieren. Das ist mit der richtigen Technik zwar gar nicht so schwer, aber natürlich trotzdem eine ungeheure Leistung, zumal in Djedefres Pyramide rund eine Million Steine verbaut worden sind, die zudem auch noch die Anhöhe hinauf gezogen werden mussten. Die Antwort auf die Frage, was mit dieser ungeheuren Menge passiert ist, findet sich überraschenderweise in Kairo und führt fast nahtlos weiter zum zweiten Beitrag des Abends, der ebenfalls in Ägypten entstanden ist: Dass Kleopatra (21.00 Uhr) kein Mythos ist, steht außer Frage, aber seit jeher sind die Geschichten über die letzte Königin der Ptolemäer, die im vierten Jahrhundert vor Christus unter Alexander dem Großen Ägypten erobert hatten, vom Image einer glamourösen Femme fatale geprägt; unser heutiges Bild ist nicht zuletzt vom Hollywood-Film mit Liz Taylor (1966) beeinflusst worden.
Zentrale Figur des Films von Vivien Schwarzenberg ist jedoch eine Frau der Gegenwart: Seit fast zwanzig Jahren sucht die Archäologin Kathleen Martinez nach dem Grab von Kleopatra VII. Die frühere Anwältin ist überzeugt, dass die Königin weit mehr als bloß eine Mätresse der römischen Herrscher Julius Caesar und Marcus Antonius war; sie will die Wahrheit hinter all’ den Legenden offenbaren. Auch dieser Beitrag nutzt Spielszenen, um die Vergangenheit zum Leben zu erwecken; mit Schauspielerin Pegah Ferydoni ist die Titelfigur vorzüglich besetzt. Die entsprechenden Ausschnitte stammen allerdings aus einer Episode der ZDF-Reihe "Frauen, die Geschichte machten" (2013). Alle neuen Folgen stehen bereits in der Mediathek.