Käßmann erreiche auch Menschen außerhalb kirchlicher Milieus, sagte die westfälische Präses am Freitag in Hannover. Das sei eine ihrer Stärken, die sie ehrlich bewundere, betonte Kurschus. Dabei gelte die Loyalität Käßmanns "zuallererst der Botschaft selbst, die uns als Christen anvertraut und aufgetragen ist".
Bereits am Donnerstag hatte der hannoversche Landesbischof Ralf Meister Käßmann gratuliert. "Margot Käßmann hat in vielen ihrer Funktionen das öffentliche Bild des Protestantismus in Deutschland entscheidend geprägt", sagte Meister als Leitender Bischof der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD). "Wir danken dir für deine lutherische Art - geradeaus, unbequem, authentisch - und wünschen dir für die kommenden Jahre ein erfülltes Leben." Käßmann habe oft streitbare Positionen vertreten und den Gegenwind souverän ertragen, so Meister: "Auch wenn du dich nun verdientermaßen ins Familienleben zurückziehen willst, hoffen wir weiterhin ab und zu auf deine klaren protestantischen Einwürfe."
Käßmann war von 1999 bis 2010 evangelische Landesbischöfin in Hannover und stand 2009/2010 als Ratsvorsitzende auch an der Spitze der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Bevor sie Bischöfin wurde, war Käßmann fünf Jahre lang als Generalsekretärin des Deutschen Evangelischen Kirchentags und zwei Jahre lang als Studienleiterin an der Evangelischen Akademie Hofgeismar bei Kassel tätig.
Wegen einer Autofahrt unter Alkoholeinfluss trat sie 2010 von ihrem Bischofsamt und vom EKD-Ratsvorsitz zurück. Ab August 2010 lehrte sie für mehrere Monate als Gastdozentin an der Emory-Universität im US-amerikanischen Atlanta. 2011 und 2012 war sie Gastprofessorin an der Uni Bochum. Danach war sie fünf Jahre lang als Botschafterin für das Reformationsjubiläum 2017 tätig. Die promovierte Theologin schrieb zahlreiche seelsorgerliche Bücher und ist eine gefragte Autorin und Gesprächspartnerin in den Medien. Seit 2018 ist sie im Ruhestand.
Ihr Engagement in der Öffentlichkeit wolle sie in Zukunft deutlich zurückfahren, sagte sie in einem Interview mit epd: "Zehn Predigten, zehn Vorträge, zehn Lesungen im Jahr - das ist jetzt mein Maßstab." Käßmann lebt in Hannover und auf Usedom. Sie hat vier Töchter und sieben Enkel.
Synoden-Präsident: Frühere Bischöfin stieß viele Initiativen an
Auch der Präsident der hannoverschen Landessynode, Matthias Kannengießer, übermittelte seine Glückwünsche. Käßmann habe viele Veränderungsprozesse und Initiativen angestoßen, die bis heute prägend für die Landeskirche seien, sagte er. Als erste Frau im höchsten geistlichen Leitungsamt habe sie mutig auch etablierte Modelle und Positionen hinterfragt. Zudem sei sei ihr gelungen, den Blick der Kirche verstärkt auf soziale Themen und politische Fragestellungen zu richten.
"Bis heute verschafft sie der kirchlichen Stimme in gesellschaftlichen und politischen Debatten Gehör", sagte Kannengießer. Sie formuliere die christlichen Kernbotschaften besonders verständlich und erreiche so auch Menschen, die wenig oder keinen Bezug zur Kirche hätten. Kannengießer steht seit 2014 an der Spitze des Kirchenparlaments, das Käßmann 1999 zur Bischöfin gewählt hatte. "Wir freuen uns auf künftige Begegnungen mit Margot Käßmann", sagte er.