Die alte 'D-Mark' ist immer noch beliebter als der 'Euro'. Dafür gibt es gute Gründe. Doch Wirtschaft und Staatshaushalt profitieren von der europäischen Gemeinschaft und der jungen Währung wie in keinem zweiten Land. Deutsche Firmen werden in diesem Jahr Waren für mehr als eine halbe Billion Euro in die EU verkaufen - ein Viertel der gesamten Wirtschaftsleistung Deutschlands machen allein Euro-Exporte aus. Obendrein spart Bundesfinanzminister Schäuble Milliarden Euro an Zinsen ein - dank Euro.
Dagegen belasten die Euro-Rettungspakete den Bundeshaushalt kaum: 'EFSF' und 'ESM' bestehen überwiegend aus Bürgschaften. Derweil wird an anderer Stelle abgesahnt. So zahlen Portugal, Irland und Griechenland hohe Strafzinsen für Hilfskredite. Athens Finanzminister Ioannis Stournaras wird in diesem Jahr schätzungsweise 2 Milliarden Euro Zinsen an den europäischen Finanzstabilisierungsfonds überweisen. Angesichts des deutschen Anteils an diesem Rettungspaket fließen rund 400 Millionen Euro davon in die Kassen des Amtskollegen Schäuble.
Milliardeneinnahmen durch Schuldenzinsen
Kasse macht der Bundesfinanzminister auch über die Tochtergesellschaft der Europäischen Zentralbank (EZB), der Bundesbank in Frankfurt am Main: Der Bundesbankgewinn wandert großteils in den Bundeshaushalt. Griechenlands Finanzminister wird nämlich rund 15 Milliarden Euro reguläre Zinsen für die Staatsschulden berappen müssen. Von diesen Milliarden strömt schätzungsweise die Hälfte zu Banken und Versicherungen, die andere Hälfte zur EZB, die zwischenzeitlich viele Euro-Krisenpapiere angehäuft hat. Für Schäuble dürften daher aus dem Bundesbankgewinn zusätzliche Milliarden herausspringen.
Besonders lohnt sich die Schuldenkrise, die eigentlich eine Bankenkrise ist, für die Regierung Angela Merkels beim eigenen Schuldenmachen. Der Grund: Die Zinssätze für Bundesanleihen stehen seit langem auf Rekordtief. Seit dem Ausbruch der Euro-Schuldenkrise boomt die Nachfrage nach deutschen Schuldentiteln, da Profiinvestoren und Amateuranleger seither in drei sichere Häfen fliehen: Gold, Schweizer Franken - und Bundesanleihen. Angesichts der großen Nachfrage muss der Bund nur noch Niedrigstzinssätze weit unterhalb der Inflationsrate anbieten - und doch sind seine Anleihen x-fach überzeichnet. Mitte Juli liehen Finanzinstitute dem Bund 5 Milliarden Euro für zwei Jahre zum historischen Zinssatz von 0,0 Prozent. Selbst Frankreich, das mit Deutschland zusammen in der Champions-League der Staatsanleiher spielt, muss für frisches Geld ein dreiviertel Prozent mehr Zinsen an Banken und Investoren zahlen. Dieser scheinbar kleine Unterschied zeigt per Zinseszinseffekt große Wirkung: Die Euroflucht in Bundesanleihen beschert CDU-Finanzminister Wolfgang Schäuble eine außerordentliche Zinsersparnis von überschlagsweise 25 Milliarden Euro.
Jeder vierte Job hängt am Euro
Auch die Wirtschaft sahnt dank Euro ab: Deutschland wird in diesem Jahr Waren im Wert von mehr als einer halben Billion Euro in die EU ausführen - und weit weniger Waren importieren. Während beispielsweise mit China die Handelsbilanz negativ ist, wird die Handelsbilanz mit den Euroländern ein dickes Plus von mehr als 100 Milliarden Euro ausweisen. Ein Viertel der gesamten Wirtschaftsleistung, des bundesdeutschen Bruttoinlandsproduktes (BIP), machen Euro-Exporte aus - jeder vierte Job in Deutschland hängt also direkt am Euro.
###mehr-info### Was wäre wenn? Die wirtschaftliche Entwicklung mit und ohne Euro durchgerechnet haben die Volkswirte der staatlichen KfW-Bank. Im Ergebnis hat Deutschland durch die Mitgliedschaft in der Eurozone von Mitte 2009 bis Mitte 2011 einen Wachstumsvorteil zwischen 2 und 2,5 Prozentpunkten erreicht. "Um diesen Betrag“, so Chefökonom Norbert Irsch, "wäre die wirtschaftliche Leistung weniger gestiegen, wenn wir die D-Mark gehabt hätten.“ Mit der alten D-Mark fielen nämlich Zinsen und Wechselkurse deutlich höher aus, argumentiert Irsch. Zu den 'strukturell' - so der Fachterminus - niedrigeren Zinssätzen kommt noch der Vorteil einer im Vergleich zur D-Mark-Epoche weicheren Währung. Durch den niedrigeren Wechselkurs des Euro können hiesige Firmen Autos, Medikamente und Werkzeugmaschinen preiswerter im Ausland anbieten. Für den Exportvizeweltmeister ein kaum zu überschätzender Heimvorteil.
Anderseits, auch dies gehört zur Zwischenbilanz, stehen den vielen Euro-Vorteilen Nettozahlungen an die EU von etwa 10 Milliarden in diesem Jahr sowie milliardenschwere Risiken aus den Staatsschuldenbankenkrisen in Irland, Griechenland und Portugal gegenüber. Doch selbst aus der Not der Anderen ziehen deutsche Unternehmen noch Gewinn: Die Zahl gut ausgebildeter junger Griechen und Spanier, die sich bei deutschen Unternehmen bewerben, soll dem Vernehmen nach rasant angestiegen sein.