Harfenspieler
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Musiktherapie für den König, tituliert Pfarrer Frank Muchlinsky seine Predigt zu König Saul und seinem Harfenspieler David.
Predigt zum Sonntag Kantate
Musiktherapie für den König
König Saul ist von einem bösen Geist geplagt. David hilft ihm mit Musik. Frank Muchlinsky fragt in seiner Predigt, was er wohl gespielt hat.

Liebe Gemeinde,

haben Sie ein Musikstück, das Sie gern hören, um gute Laune zu bekommen? Fallen Ihnen gleich mehrere ein? Denken Sie kurz nach, denn ich meine die Frage durchaus ernst: Was ist Ihr persönlicher Musiktipp für gute Laune?

Musik ist gut für die Laune, sie ist gut für die Seele. Darum geht es auch im Predigttext. Es geht um David, den Musiker, und um König Saul, den ersten König Israels. Es geht darum, dass David für Saul Musik spielt, damit sich seine Laune heben kann. Um das zu verstehen, erzähle ich kurz, was vorher geschehen ist:

Das Volk Israel wurde lange Zeit nicht von Königen regiert. Gott, der sie aus Ägypten in das verheißene Land geführt hatte, wollte selbst ihr König sein. Darum regierten Richter das Volk, bis Israel schließlich darauf bestand, wie die anderen Völker ringsum auch einen König zu haben. Gott hatte eingewilligt und den Propheten Samuel zu Saul geschickt. Samuel sollte Saul zum König salben. Und so geschah es. Haben Sie gestern die Krönung von Charles verfolgt. Der wurde auch gesalbt. Bis heute gilt das als Zeichen dafür, dass der Geist Gottes auf dem gesalbten Herrscher liegt. Das galt auch für Saul, bis Saul sich einem Befehl Gottes widersetzte. Gott hatte ihm geboten die Amalekiter zu töten, ausdrücklich alle. Er aber ließ den König leben und alles, was ihm als Beute wertvoll erschien.

Israel braucht einen anderen König

Daraufhin beschloss Gott, dass Israel einen anderen König braucht. Und so wurde Samuel zu dem noch recht jungen David geschickt, und David wurde ebenfalls von Samuel gesalbt. Und nun heißt es in der Bibel, im 1. Buch Samuel:
"Da kam der Geist des Herrn zu David, an diesem Tag und auch in Zukunft." (1. Samuel 16,13)

Ich lese den Predigttext aus der Basisbibel:

Der Geist des Herrn hatte Saul verlassen. Von Zeit zu Zeit quälte ihn aber ein böser Geist, der seine Stimmung verfinsterte. Auch der kam vom Herrn. Da sprachen Sauls Leute zu ihm: "Du weißt, dass es ein böser Geist ist, durch den Gott deine Stimmung verfinstert. Unser Herr braucht nur etwas zu sagen, deine Knechte stehen bereit. Wenn du es willst, suchen wir einen Mann, der auf der Harfe spielen kann. Wenn dann der böse Geist Gottes über dich kommt, gleitet seine Hand über die Saiten. Und gleich wird es dir besser gehen." Saul antwortete seinen Leuten: "Also gut! Seht euch um nach einem Harfenspielerund bringt ihn zu mir!" Da meldete sich einer von den jungen Leuten und sagte: "Ich weiß von einem! Es ist der Sohn Isais aus Betlehem. Der kann Harfe spielen. Er ist mutig und ein guter Soldat. Klug ist er auch und sieht gut aus. Ja, der Herr ist mit ihm!"

Saul ließ Isai durch Boten ausrichten: "Schick deinen Sohn David zu mir – den, der die Schafe hütet!" Daraufhin nahm Isai einige Laibe Brot, einen Krug Wein und ein Ziegenböckchen. Damit schickte er seinen Sohn David zu Saul. So kam David zu Saul und trat in seinen Dienst. Saul liebte ihn und machte ihn zu seinem Waffenträger. Darum ließ er Isai die Botschaft überbringen: "Lass doch David in meinem Dienst bleiben. Denn mir gefällt, wie er seine Aufgaben erfüllt." Sooft aber der böse Geist Gottes über Saul kam, nahm David die Harfe zur Hand und spielte. Da konnte Saul befreit aufatmen und es ging ihm besser. Denn der böse Geist hatte ihn verlassen.

Eben noch Hirte, jetzt Musiktherapeut

Das ist schon eine besondere Situation. Zwei Gesalbte Gottes, der eine noch König im Amt, aber bereits von Gottes gutem Geist verlassen, der andere: Eben noch Hirte und Harfenspieler, jetzt königlicher Musiktherapeut. Saul liebt David und hat keine Ahnung, dass Gott ihn bereits zu seinem Nachfolger bestimmt hat. Aber was soll’s auch? Saul hat einen bösen Geist, der ihn plagt, und David spielt die richtige Musik dagegen.

Was mag er wohl gespielt haben? Der Bibeltext klingt so, als habe David lediglich die Harfe gespielt, aber David ist ja nicht nur Komponist, er schreibt ja auch Texte dazu. Er gilt als der Psalmendichter überhaupt. Viele Psalmen in der Bibel werden ihm zugeschrieben. Das mag historisch korrekt sein, oder nicht – heute steht vor Psalm 23: "Ein Psalm Davids".

Ich kann mir gut vorstellen, dass David dem geplagten Saul vorgesungen hat: "Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln. Er weidet mich auf einer grünen Aue und führet mich zum frischen Wasser …" Es ist kein Wunder, dass dieser Psalm in Krankenhäusern immer noch gern gebetet wird. Wer sich nicht mehr selbst vollkommen im Griff hat, wer sich getrieben fühlt wie ein Schaf wünscht sich einen Hirten, der es gut mit seiner Herde meint.

Schauen wir mal, was für Psalmen noch David zugeschriebe werden. Fangen wir vorn an. Psalm 1 und zwei, nein, nicht von David.

  • Psalm 3, ja! Ein Psalm Davids.
    Ach, HERR, wie sind meiner Feinde so viel und erheben sich so viele wider mich!

Hm, nicht unbedingt ein Stimmungsheber

  • Psalm 4:
    Erhöre mich, wenn ich rufe, Gott meiner Gerechtigkeit, der du mich tröstest in Angst; sei mir gnädig und erhöre mein Gebet!

Okay, recht schön, oh: "Ihr Herren, wie lange soll meine Ehre geschändet werden?" Hm, doch nicht so leicht.

  • Psalm 5:
    HERR, höre meine Worte, merke auf mein Seufzen! Vernimm mein Schreien, mein König und mein Gott; denn ich will zu dir beten.

Es scheint, als habe David häufiger Klagepsalmen geschrieben, als solche die vom vertrauen singen oder vom Lob Gottes.

  • Psalm 6:
    Ach, HERR, strafe mich nicht in deinem Zorn und züchtige mich nicht in deinem Grimm! HERR, sei mir gnädig, denn ich bin schwach

Meine Güte!

  • Psalm 7:
    Auf dich, HERR, mein Gott, traue ich! Hilf mir von allen meinen Verfolgern und errette mich, dass sie nicht wie Löwen mich packen und zerreißen, weil kein Retter da ist.

Das passt nicht zusammen in meinem Kopf. Ich stelle mir David vor, wie er dem geplagten Saul vorsingt und denke dabei an Mut machendes, an etwas, das fröhlich stimmt, weil es unbeschwert klingt. Eine Art Gegengift gegen die Trübsal stelle ich mir vor. Und welche Psalmen werden David zugeschrieben? Solche, die Gott das Leid klagen, die Gott auffordern zuzuhören.

Aber vielleicht war David auch ein besserer Therapeut, als ich es ihm zutraue? Einer der seinem Klienten zutraut, das auszusprechen, was ihn bedrückt, anstatt es lediglich durch liebliche Melodien und fromme Verse zu betäuben? Das kennen wir doch auch von der Musik! Zu fröhliche Musik nützt auch nichts, wenn ich mich gerade richtig schlecht fühle.

Vielleicht hat David einfach das Weinen und das Stöhnen von Saul mit seiner Musik begleitet und so verstärkt? So, dass der böse Geist, der Saul quälen wollte, merkte: Der ist nicht allein! Da ist einer der hört ihm zu, der stimmt ein in seine Klage. Vielleicht musste er deswegen immer wieder verschwinden?

Nun passt es doch zusammen in meinem Kopf: Ein Musiker, der im richtigen Moment die richtigen Töne und vielleicht die richtigen Worte findet. Töne, die vielleicht beruhigen, vielleicht aber widerhallen lassen, was in Saul vor sich geht. Worte, die vielleicht Gott laut auffordern, dem Trübsal ein Ende zu machen. So wie es oft in den Psalmen vorkommt, die David zugeschrieben werden.

Was sollen wir also tun? Danken wir Gott für die Musik! Danken wir Gott für die ruhigen Töne und für die die schrägen. Klagen wir Gott, wenn es dran ist! Danken wir Gott, dass wir ihm nicht nur Halleluja singen dürfen. Danken wir Gott für Menschen, die so gut zuhören können, dass sie mit uns mitschwingen können! Bitten wir Gott, dass wir so zuhören können! Üben wir das!

Amen