Anastasia Umrik ist gerade sieben Jahre alt, als ihre Eltern entscheiden, mit ihr aus Kasachstan nach Deutschland zu ziehen. Ein Grund dafür ist die Spinale Muskelatrophie, an der das Mädchen leidet - eine unheilbare Krankheit. Der Verlust der Heimat, das sei die erste Krise ihres Lebens gewesen und "wie ein Tornado" über sie gekommen, erinnert sich heute die Frau, die mittlerweile als Atemtherapeutin, Krisencoach, Rednerin und Autorin arbeitet.
Umrik gehört zu den Vortragenden, die am 5. und 6. Mai auf der Bremer Messe "Leben und Tod" sprechen wollen. Der Branchentreff mit angeschlossenem Kongress thematisiert in diesem Jahr das, was das Leben der Hamburgerin durchzieht: den Umgang mit Krisen und traumatischen Erlebnissen, dazu noch Fragen rund um den Suizid.
Der Verlust ihrer Heimat war schlimm, doch im Alter von 29 Jahren kommt es mit einer Nahtoderfahrung für Umrik noch heftiger. "Ich habe mich beim Abendessen verschluckt und wäre fast an einem Fischstäbchen erstickt", blickt die Mittdreißigerin zurück. Die Nahtoderfahrung sei die schlimmste Krise in ihrem Leben gewesen. "Danach wusste ich nicht mehr, wo vorn und hinten ist. Ich hatte Angst zu essen, habe sehr abgenommen und hing traumatisiert in der Luft." Da habe sie begriffen: "Das Leben ist endlich. Und ich habe mir die Frage gestellt, was ich wirklich will."
Ein Freund rettet sie, doch das Fischstäbchen markiert einen Wendepunkt in ihrem Leben. Meike Wengler, Projektleiterin der "Leben und Tod", sagt dazu: "Eine Lebenskrise, ausgelöst durch den Verlust eines geliebten Menschen, eine schwere Erkrankung, den Verlust des Arbeitsplatzes oder eine Scheidung kann jeden treffen."
Mit rund 60 Vorträgen und Workshops sowie an mehr als 130 Ständen will die Messe Perspektiven zeigen, wie Wege aussehen können, um mit Krisen, Tod und Trauer umzugehen. Auch beim Thema Suizid. "Expertinnen und Experten, die sich mit Suizidprävention und Trauerbegleitung nach einem Suizid beschäftigen, sind sich einig: Reden hilft", erklärt Wengler. Sie weiß: "Es gibt viele Anlaufstellen, die Hilfe anbieten. Das möchten wir zeigen und Mut machen."
Heute bewerte sie ihre Nahtoderfahrung anders, meint Umrik, die sich selbst als Freigeist sieht. Es sei zwar die schlimmste Krise gewesen. "Ich bin trotzdem unfassbar dankbar dafür. Krisen zwingen uns zum Umdenken, geben Gelegenheit, alles umzustellen und zu fragen: Was brauche ich wirklich? Wenn alles zusammenbricht, hast du den Weg frei. Das kann ein Geschenk sein."
Durch eine Krise eine klare Perspektive zu entwickeln und der Versuch, Mut zu machen, das passt zum Titel der Messe "…und da ist immer noch ein Licht!". Dass dieses Licht auch durch Humor entzündet werden kann, dafür steht in seinem Vortrag auf der Messe Ulrich Fey, Clown aus dem hessischen Friedberg. Er versucht in Schwierigkeiten eine gewisse Leichtigkeit, in der Abwehr eine gewisse Komik zu entdecken. "Auch und gerade in der letzten Lebensphase lassen sich komische Momente entdecken und nutzen." Lachen könne befreiend und verbindend wirken.
Ein weiterer Höhepunkt der Messe soll eine Podiumsdiskussion zum assistierten Suizid werden. Daran beteiligen sich laut Messe unter anderen die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Annette Kurschus, Elisabeth Jentschke, Vorstandsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin (DPG) und Dieter Birnbacher vom Vorstand der Deutschen Gesellschaft für humanes Sterben.
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Ausstellung und Fachkongress seien ein Treffpunkt für haupt- und ehrenamtlich Tätige aus den Bereichen Palliative Care, Hospiz, Trauerbegleitung, Seelsorge und Bestattungskultur, aber auch einfach für jeden Interessierten, sagt Messe-Sprecherin Kerstin Weiß. Und in diesem Jahr eben besondere für alle, die etwas über den Umgang mit Krisen erfahren wollen. Der, betont Umrik, brauche Zeit. Doch es gebe Hoffnung: "Kein Glück bleibt für immer - und kein Unglück. Wenn man das begriffen hat, kann man das Glück besser genießen und mit dem Unglück besser umgehen."
Info: Telefonseelsorge.de