Mann liesst ein Buch auf dem D
See Genezareth
© Toa Heftiba / Unsplash
Das Evangelische Literaturportal stellt heute vier Buchtitel vor, die Hoffnung auf Versöhnung im "Nahost-Konflikt" machen.
Blick in die Literatur
Buchtipps zu Israel und Palästina 
Der "Nahost-Konflikt" ist auch im Jahr 2023 hochaktuell und hat nicht an Brisanz verloren. Das Evangelische Literaturportal stellt heute vier Titel vor, die Hoffnung auf Versöhnung machen, keine einseitige Darstellung des Konflikts schildern, sondern verschiedene Seiten betrachten und ungewöhnlich erscheinende Freundschaften erzählen.

Colum McCann: Apeirogon

Ein literarisches Meisterwerk und ein flammender Aufruf zur Versöhnung. 
Nur sehr wenige Romane haben mich in den letzten Jahren so gepackt wie dieser: McCann erzählt die Geschichte des Palästinensers Bassam Aramin und des Israelis Rami Elhanan, die durch den gewaltsamen Tod ihrer Töchter zueinanderfinden und sich fortan für Frieden und Versöhnung einsetzen. Die wahre Geschichte der beiden Männer hat der Autor auf faszinierende Weise fiktionalisiert: 1.000 Kapitel, teilweise bestehend nur aus einzelnen Sätzen oder Bildern, setzen sich – wie in einem Mosaik – zur Geschichte der Männer zusammen. Das Ergebnis ist nicht weniger als ein Kunstwerk. Eines, bei dem mir aufgrund des Schreckens der Geschehnisse, aber auch aufgrund der Kraft und Beharrlichkeit dieser Männer mehr als einmal der Atem stockte. 
Für politisch interessierte Leser:innen aber auch für solche, die sich für besondere literarische Formen begeistern können.
Wiebke Mandalka 

Apeirogon. Colum McCann, Hamburg, Rowohlt, 2022, 608 Seiten,
ISBN 978-3-499-27187-8, katoniert, 14,00 €

 

Sarah Glidden: Israel verstehen in 60 Tagen oder weniger

Nachdenkliche Comicreportage zum Thema Israel-Palästinakonflikt aus amerikanischer Studentensicht.

Diese umfangreiche autobiographische Graphic Novel beschreibt eine Reise nach Israel, die die Studentin Sarah Glidden mit Unterstützung einer Organisation unternahm, die Reisen nach Israel für Juden, die noch nie in diesem Land waren, organisiert. Die Comicreportage, die im Wasserfarbenstil und einer klaren Struktur, neun Bilder pro Seite, gehalten ist, versucht die Eindrücke und Erfahrungen ihrer Erzählerin einzufangen. Hauptthema dabei ist natürlich der Israel-Palästinakonflikt. Die Hauptfigur Sarah steht der Reise skeptisch gegenüber und hat ein eher negatives Bild von Israel. Ihr Bemühen um Neutralität führt sie dabei nicht selten auf eine emotionale Achterbahnfahrt. In Gesprächen mit vielen Bewohnern Israels erfährt sie, dass die Menschen hier durchaus unterschiedliche Einstellungen zu dem Konflikt haben und so mancher, den sie von vornherein als urkonservativ abgestempelt hatte, doch ziemlich liberal denkt und andersherum. Eine sehr nachdenkliche Graphic Novel, die die inneren Kämpfe, die in den involvierten Menschen stattfinden, veranschaulicht.
Christian Prange 

Israel verstehen in 60 Tagen oder weniger. Sarah Glidden, Ins Deutsch übersetzt von Gerlinde Althoff, Berlin, Reprodukt 2018, 204 Seiten, 
ISBN 978-3-95640-133-6, kartoniert, 24,00 €


Lizzie Doron: Sweet Occupation

Porträts von fünf Friedenskämpfern aus Israel und Palästina.

Die erfolgreiche israelische Autorin schildert die Begegnungen einer jüdischen Journalistin aus einer vom Holocaust betroffenen Familie mit zwei jüdischen und drei palästinensischen gewaltlosen Kämpfern für ein friedliches Zusammenleben von Juden und Palästinensern. Schon die ersten Begegnungen sind schwierig, da sie z.T. auf palästinensischem Territorium stattfinden, in das Israelis nicht legal einreisen dürfen. Die Biografien machen die großen Schwierigkeiten deutlich, unter denen sich heute Menschen zu dem eigentlich naheliegenden Ziel bekennen. Ein israelischer Soldat etwa weigerte sich nach seinen Erfahrungen in Gaza, weiter Militärdienst zu leisten und endet im Gefängnis. Ein den Frieden liebender nach Israel eingewanderter Jude aus Polen wird persönlich und beruflich ausgegrenzt. Die drei Palästinenser überwanden ihren gewaltsamen Protest gegen die israelische Besetzung in ihrer Jugend. Auch sie wurden für ihr Friedensengagement diffamiert und verbrachten lange Zeit im Gefängnis.
Der emotional berührende Roman ist nicht nur spannend, sondern zeigt auch die heutigen Probleme einer Friedenslösung. 
Peter Bräunlein 

Sweet Occupation. Lizzie Doron, ins Deutsche übersetzt von Mirjam Pressler, München, Deutscher Taschenbuch Verlag, 2017, 202 Seite,.
ISBN 978-3-423-26150-0, kartoniert, 16,90 €

 


Fawzia Gilani-Williams: Jaffa und Fatima

Ein Bilderbuch einer muslimischen Autorin und einer jüdischen Illustratorin über eine jüdisch-muslimische Freundschaft.

Die alte, vermutlich aus dem jüdisch-arabischen Kontext stammende Legende von den beiden Brüdern, die sich in Zeiten der Not gegenseitig heimlich Korn zukommen lassen, wird hier neu und aktuell erzählt. Jaffa ist Jüdin und betet in der Synagoge, Fatima ist Muslima und betet in der Moschee. Beide besitzen in dem Land, in dem "Milch und Hong fließen", eine Dattelplantage und sind Freundinnen. In einem Jahr mit sehr magerer Ernte versorgen sie sich heimlich gegenseitig mit Datteln. Ihre Freude ist groß, als sie aufeinander treffen und erkennen, dass sie beide aneinander gedacht und sich um die andere gesorgt haben. Die Illustrationen des Buches sind ansprechend und detailreich und unterstreichen Jaffas und Fatimas Persönlichkeiten, leider sind sie insgesamt in recht dunklen Farben gehalten. In klarer, weitestgehend einfacher und dabei eindrücklicher Sprache gibt das Buch der Hoffnung Ausdruck, dass Frieden und Freundschaft über alle Unterschiede und Grenzen hinaus möglich sind.
Anne Rank 

Jaffa und Fatima - Schalom, Sal?m. Nacherzählt von Fawzia Gilani-Williams, Illustriert von Chiara Fedele, ins Deutsche übersetzt von Myriam Halberstam, Berlin, Ariella, 2018, ISBN 978-3-945530-20-7, gebunden, 12,95 €

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