In Deutschland fehlen einer Studie zufolge mehr als zwei Millionen seniorengerechte Wohnungen. Laut der Erhebung "Wohnen im Alter", die am Montag auf der Messe Bau in München vorgestellt wurde, benötigen aktuell rund 2,8 Millionen Haushalte mit Senioren altersgerechte Wohnungen. Nur 600.000 dieser Haushalte hätten entsprechende Räume zur Verfügung.
Das Problem werde sich innerhalb der nächsten 20 Jahre durch das steigende Bevölkerungsalter noch verschärfen, heißt es in der Studie des hannoverschen Pestel-Instituts, die im Auftrag des Bundesverbandes Deutscher Baustoff-Fachhandel (BDB) erstellt wurde.
Als einer der Gründe für die "graue Wohnungsnot" wurde angegeben, dass nur rund jede siebte Wohnung heute altersgerecht sei. Ein Großteil davon werde außerdem nicht von Älteren bewohnt. Häufig nutzten Familien Wohnungen ohne Schwellen, mit breiten Türen, Fluren und Räumen. "Barrierefreiheit ist ein Komfortmerkmal, und solche Wohnungen werden über den Preis vergeben, nicht nach Bedürftigkeit", sagte der Leiter des Pestel-Instituts, Matthias Günther.
Er sprach von einem "Zwei-Komponenten-Problem beim Seniorenwohnen": einem Mangel an altersgerechten Wohnungen und Altersarmut durch das Wohnen. Es sei zu befürchten, dass sich zwei Drittel der Senioren, die in einer Mietwohnung leben, bei steigenden Wohnkosten künftig immer mehr einschränken müssten, weil die Rente für den bisherigen Lebensstandard nicht mehr reiche. Das werde sich bereits bei den geburtenstarken Jahrgängen zeigen, die demnächst in Rente gehen.
Als "Armutsrisiko Nummer Eins" nennt die Studie die Pflegebedürftigkeit im Alter. Im Schnitt koste eine stationäre Pflege heute rund 2.400 Euro pro Monat. "Mehr als die Hälfte der Seniorenhaushalte hat allerdings weniger als 2.000 Euro netto im Monat zur Verfügung. Am Ende ist es also ganz oft der Staat, der einspringen muss", sagte Günther. Dieser müsse daher ein Interesse daran haben, dass pflegebedürftige Menschen so lange wie möglich zu Hause leben können. Das wiederum setze deutlich mehr altersgerechte Wohnungen voraus. Ein "Alterswohnprogramm für die Baby-Boomer" fehle jedoch.
Günther kritisierte, dass die staatliche KfW-Bank anders als früher keine Zuschüsse mehr zum altersgerechten Umbau von Wohnungen anbiete. Zudem müsse es auch Förderprogramme für die Aufteilung von Ein- und Zweifamilienhäusern geben: "Es geht darum, beispielsweise in einem klassischen Einfamilienhaus zwei Wohnungen unterzubringen, mindestens eine davon seniorengerecht", sagte der Studienleiter. Der Bund müsse mindestens eine halbe Milliarde Euro für altersgerechten Neu- und Umbau zur Verfügung stellen.