Im Koalitionsstreit um die geplante Kindergrundsicherung stellt sich SPD-Chefin Saskia Esken hinter die finanziellen Forderungen von Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne). Sie gehe davon aus, dass die von Paus veranschlagten zwölf Milliarden Euro zusätzlich pro Jahr gebraucht werden, sagte Esken am Dienstag im "Morgenmagazin" des ZDF. Aber das seien noch Schätzungen. Es komme vor allem darauf an, alle Familien zu erreichen, die eine entsprechende Unterstützung brauchen.
Die Kindergrundsicherung soll ab 2025 ausgezahlt werden und bisherige Familienleistungen wie Kindergeld, Kinderzuschlag und Unterstützungen für Bildung und Teilhabe bündeln. Zugleich sollen Zugangshürden für Familien abgebaut werden. Umstritten ist in der Ampel-Koalition von SPD, Grünen und FDP, ob mit der Kindergrundsicherung auch eine Erhöhung der Leistungen einhergehen soll. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) lehnt das mit Verweis auf eine angespannte Haushaltslage und andere Prioritätensetzungen ab.
Esken nannte es als wichtigstes Ziel, die Antragsverfahren zu vereinfachen oder so weit wie möglich zu automatischen Auszahlungen zu kommen. "Die Familien haben was Besseres zu tun, als sich ständig um diese verschiedenen Zuschüsse zu kümmern", sagte sie. Das zu erreichen, sei nicht ganz einfach, räumte die SPD-Vorsitzende ein. Es habe seinen Grund, dass die Kindergrundsicherung erst 2025 starten soll.
Dass die Koalition ihr Vorhaben aufgibt, erwartet Esken nicht. Die Kindergrundsicherung komme "auf jeden Fall". "Das haben wir uns gemeinsam vorgenommen, und das werden wir auch umsetzen", sagte sie. Dass 20 Prozent der Kinder in Deutschland von Armut betroffen seien, sei für ein reiches Land eine "Schande".
Der Wirtschaftswissenschaftler Martin Werding, der dem Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung angehört, riet Finanzminister Lindner, seinen grundsätzlichen Widerstand aufzugeben. Zwar habe der FDP-Politiker völlig recht, wenn er bei der Aufstellung des Bundeshaushalts für 2024 zur Zurückhaltung mahnt, höhere Steuern ausschließt und bei den Ausgabenplänen Priorisierungen fordert, sagte Werding den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Dienstag). Lindner unterschätze aber die Bedeutung der Kindergrundsicherung. Sie bündele den bisherigen Leistungswirrwarr und stelle sicher, dass Kinder in Armut bekommen, was sie für Bildung und Teilhabe brauchen.