Im Voraus der vorerst letzten Versammlung des katholischen Reformdialogs Synodaler Weg war in den Medien von einem "Showdown" zu lesen - doch eine dramatische Dynamik blieb auf der am Samstag in Frankfurt beendeten Synodalversammlung aus: Weder Bischöfe noch Laien riskierten ein Scheitern von Reformtexten oder gleich des ganzen Miteinanders.
Symptomatisch dafür war die Vertagung eines Reformantrags am Freitagabend zu einem Kernstück des Anliegens des Synodalen Wegs: der Macht- und Gewaltenteilung. Der Antrag, der eine Beteiligung von Laien an Leitungsentscheidungen in Bistümern vorsieht, wurde zwar lange diskutiert, am Ende aber nicht darüber abgestimmt. Instrument der Beteiligung sollen synodale Gremien sein. Der Antrag sah vor, dass Bischöfe die Gründung solcher Gremien in ihren Bistümern ermöglichen und sich freiwillig an die Ergebnisse der gemeinsamen Beratungen binden.
Die Synodalversammlung hatte sich eigentlich bereits im September für die Gründung eines nationalen synodalen Gremiums, den Synodalen Rat, ausgesprochen. Durch ein Schreiben aus Rom wurde dies jedoch im Januar untersagt.
Dass diese Absage Eindruck auf die Bischöfe gemacht hatte, zeigten die Diskussionsbeiträge selbst reformorientierter Mitglieder der Deutschen Bischofskonferenz. Die Bischofskonferenz hatte kurzfristig einen Sonderantrag gestellt, die römischen Bedenken in den Text aufzunehmen. Der Theologe Eberhard Tiefensee fragte in der Aussprache resigniert, wann es der katholischen Kirche endlich gelinge, sich von ihrer prägenden Staatsform, der Monarchie, zu lösen.
Beteiligte Laien sehen nichts Revolutionäres in den Beschlüssen
Der frühere Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, Thomas Sternberg, sagte, nichts an dem Vorschlag der Bildung gemeinsamer Entscheidungsgremien sei "revolutionär". Auch die amtierende Präsidentin der größten deutschen Laienorganisation, Irme Stetter-Karp, hatte bereits am Donnerstag gewarnt, die Kompromissbereitschaft der Laien in diesem Punkt zu arg zu strapazieren.
Laien und Bischöfe hatten den Synodalen Weg 2019 gemeinsam gegründet, um über Wege aus der Missbrauchskrise zu beraten. Anliegen waren neben Reformen der Machtausübung auch Änderungen in der katholischen Sexualmoral sowie der priesterlichen Lebensführung und eine Beteiligung von Frauen an geistlichen Ämtern in der Kirche.
Die Vertagung des Antrags zu den gemeinsamen Beratungsgremien machte aber auch ein Dilemma deutlich, das von einer Teilnehmerin auf den Punkt gebracht wurde. Kritik erhielt der Text, wie viele andere auch, nicht nur von konservativen Bischöfen, sondern auch von Delegierten, die ihn nicht weitgehend genug fanden.
Kompromisse waren schließlich möglich, etwa bei der Predigterlaubnis für Frauen in katholischen Messen, wo bislang nur Priester und Diakone predigen dürfen. Auch ein Vorschlag zur Einführung von Segensfeiern für gleichgeschlechtliche und wieder-verheiratete Paare bekam eine Mehrheit, ebenso wie am Samstagmorgen ein Text, der sich für die Akzeptanz von queeren Gläubigen ausspricht.
Im letzten Beschluss sprachen sich mit notwendiger Zwei-Drittel-Mehrheit sowohl Delegierte als auch Bischöfe dafür aus, sich in Rom für die Öffnung von Weiheämtern für Frauen einzusetzen - ebenfalls ein Fortschritt in "Millimeter-Schritten", wie Teilnehmerinnen danach feststellten.
Offen bleibt, welche der Beschlüsse, die in den vergangenen drei Jahren gefasst wurden, umgesetzt werden. Der Reformweg setzte von Beginn an auf die freiwillige Selbstbindung der Bischöfe.
Der Solinger Oberbürgermeister Tim Kurzbach (SPD) mahnte, die Gesellschaft brauche die Kirche für den Zusammenhalt. Doch solange man darüber noch diskutiere, ob Frauen und Männer wirklich gleich an Würde seien oder Liebe "zwischen Mann Mann und Frau Frau" möglich sei, werde man sich schwerlich in die gesellschaftlichen Debatten wieder einbringen können.
Deutlich war jedoch auch zu spüren, dass diese Form des aufeinander Hörens und miteinander Ringens vielen doch über die vergangenen drei Jahre wichtig geworden ist: Regelmäßige Telefonate am Sonntagabend zwischen einem Bischof und einer Theologieprofessorin, die sich über den Fortschritt der Arbeit austauschen, waren nur ein Zeichen dafür. Der Osnabrücker Bischof Franz-Josef Bode betonte: "Wir beenden den Synodalen Weg nicht, wir bringen ihn zu einem ersten Ziel."
Kritik kommt von "Wir sind Kirche"
Die KirchenVolksBewegung "Wir sind Kirche" sieht den zu Ende gegangenen Synodalen Weg bei allen Enttäuschungen als "weltweit beispielhaften Prozess, der weitergehen muss und weiterwirken wird".
Der Synodale Weg in Deutschland habe "trotz wiederholter Bremsversuche des Vatikans und leider auch von Papst Franziskus seine Feuertaufe bestanden", heißt es in der Pressemitteilung. Die Reformbewegung äußerte die Hoffnung, dass dieser Synodale Weg, der Synodalität konkret praktiziere, sogar "der Katalysator für den von Papst Franziskus 2021 einberufenen weltweiten synodalen Prozess" werden könne.
"Wir sind Kirche" sah in der kritisierten "kirchenrechtlichen Unverbindlichkeit" des Synodalen Weges in Deutschland dennoch eine "gute Chance", mit wissenschaftlicher und pastoraler Kompetenz "die dringend notwendigen Reformbedarfe und Lösungswege aufzuzeigen, die bereits seit Jahrzehnten auf der kirchlichen Agenda stehen: Machtfrage, Priesterfrage, Frauenfrage und Sexualmoral".
Allerdings bedauerte "Wir sind Kirche", dass große Spannungen innerhalb der Deutschen Bischofskonferenz "bei fast allen Themen einmütige und zukunftsfähige Beschlüsse verhindert haben, was zu teils sehr verwässerten Kompromissen führte". Die Verweigerungshaltung mancher Bischöfe in den Synodalforen, bei den Plenumsdiskussionen und bei den Abstimmungen sei "unverantwortlich".
Auf dem Synodalen Weg wurden "die großen Veränderungshemmnisse" deutlich, die die bestehende hierarchische Verfassung der römisch-katholischen Weltkirche darstelle. Hier seien dringend Veränderungen erforderlich, wenn Synodalität nicht zur Farce werden solle.
BDKJ sieht weitere Diskriminierung von queeren Menschen
Der Beschluss zur Segnung queerer Menschen geht aus Sicht des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) nicht weit genug. Der BDKJ-Bundesvorsitzende Gregor Podschun sagte, dass das Ehesakrament homosexuellen Paaren weiterhin verwehrt bleibe.
Die eigentliche Forderung nach "Ehe für alle" sei bereits zuvor abgelehnt worden. Man sei enttäuscht, insbesondere über die Haltung einiger Bischöfe, "die die Lebens- und Glaubenswirklichkeit vieler Menschen nicht berücksichtigt", hieß es weiter. Liebe könne niemals Sünde sein! Die Geduld vor allem vieler junger Menschen sei erschöpft. Denn der Beschluss hebe "die Diskriminierung an homosexuellen und queeren Menschen in der katholischen Kirche nicht auf".
Info: Beschlüsse und Reden aus dem Synodalen Weg