Kurs halten in rauer See - der Ausdruck der Seemannssprache trifft als Sprachbild ganz auf den katholischen Reformprozess zu: Trotz der wiederholten Störmanöver aus dem Vatikan versucht der Kapitän, der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, den Kurs zu halten - in diesem Fall den Reformkurs der Kirche, um Wege aus der Vertrauenskrise durch den Missbrauchsskandal zu finden. Der Limburger Bischof ist auch Präsident des Synodalen Wegs.
Der 2019 begonnene Reformdialog zwischen Bischöfen und Laien, der Synodale Weg, kommt von Donnerstag an zu seiner vorerst letzten Synodalversammlung in Frankfurt am Main zusammen. Dann beraten und entscheiden die 223 Delegierten von Bischofskonferenz und Zentralkomitee der deutschen Katholiken über letzte Reformvorschläge. Neun Texte stehen auf der Agenda, darunter Reformanliegen zur Beteiligung von Laien an Entscheidungen in Bistümern, zur Erlaubnis für Frauen, in der Messe zu predigen oder auch zur Anerkennung der Vielfalt geschlechtlicher Identitäten.
Die Texte bergen viel Konfliktpotenzial, weil sie in einigen Fällen die bisherige katholische Lehre stark weiterentwickeln. Zudem findet die letzte Synodalversammlung erneut unter großem Druck statt. Zum einen gibt es hohe Erwartungen an ein Gelingen des Reformprojekts, wie der Hildesheimer Bischof Heiner Wilmer kürzlich in einem Interview mit der "Rheinischen Post" sagte.
Spannungen zwischen den deutschen Bischöfen
Zum anderen hat der Vatikan von Beginn an versucht, den Reformprozess zu unterbinden: Jüngst durch einen Brief dreier Kardinäle, der von Papst Franziskus persönlich in Auftrag gegeben wurde. Der Heilige Stuhl untersagt darin die Bildung eines neuen Entscheidungsgremiums von Bischöfen und Laien ohne seine Zustimmung. Der Brief aus Rom sei ein Rückschlag gewesen, sagte die frühere CDU-Bundestagsabgeordnete Claudia Lücking-Michel dem Evangelischen Pressedienst. Sie ist Vorsitzende der Arbeitsgruppe, des sogenannten Synodalforums, zu Macht- und Gewaltenteilung in der Kirche.
Das Schreiben aus Rom offenbart zudem auch die Spannungen zwischen den deutschen Bischöfen. Denn es war eine Antwort auf eine Anfrage fünf konservativer Bischöfe aus Deutschland. Der Kölner Erzbischof Kardinal Rainer Maria Woelki und der Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer sind unter den fünf. Sie gelten seit Beginn des Synodalen Wegs als Quertreiber innerhalb der Bischofskonferenz.
Strittig ist momentan die Bildung eines Ausschusses, der Satzung und Geschäftsordnung für ein dauerhaftes synodales Organ, den Synodalen Rat, erarbeiten soll. Eine breite Mehrheit der Synodalversammlung hatte sich im September für einen solchen Rat ausgesprochen. Er wäre ein nachhaltiges Instrument der Veränderung, betonte Lücking-Michel.
Der Vatikan befürchtet dadurch jedoch eine Schwächung des Bischofsamts. Das Kirchenrecht wolle man nicht außer Kraft setzen, es gehe nicht um die Entmachtung der Bischöfe, betont Lücking-Michel. Der Präsident des Synodalen Wegs, Bätzing, hatte vergangene Woche betont, man werde die Bedenken und Hinweise des Vatikans ernst nehmen. Er bekräftigte, man wolle an den Reformplänen festhalten.
Die Münsteraner Theologin Dorothea Sattler spricht sich dafür aus, die Reformvorschläge des Synodalen Wegs nicht nur mit Blick auf ihre Resonanz in Rom zu beachten. Es sei wichtig, die in den Reformtexten geäußerten Argumente auch langfristig zu beachten. "Wir haben durch den Synodalen Weg erreicht, dass theologische Argumente wie etwa die zu Frauen in sakramentalen Ämtern in der Weltkirche endlich breiter antizipiert werden", sagte sie dem epd. "Wir stellen uns auf langfristige und auch schwierige Diskussionsprozesse in der Weltkirche ein, für die möglicherweise eine Lebensspanne nicht ausreichen wird." Aber über die Anliegen, etwa Frauen an Ämtern zu beteiligen, könne man nicht mehr hinweggehen.