Die Einführung der Kindergrundsicherung wird aus Sicht von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) Kosten in Milliardenhöhe mit sich bringen. In der Ampel-Koalition sei es unstrittig, dass es ein einfaches, digitales Verfahren geben solle, damit Familien das erhielten, was ihnen zustehe. "Ich rechne damit, dass hierfür zusätzliche Mittel aus dem Bundeshaushalt in einstelliger Milliardenhöhe benötigt werden", sagte Lindner den Zeitungen der Funke Mediengruppe (4.3.). Das Deutsche Kinderhilfswerk warnte unterdessen vor einer "Mogelpackung".
Zurückhaltend äußerte sich Lindner zu Plänen von Familienministerin Lisa Paus (Grüne), auch die individuellen Leistungen für arme Kinder zu erhöhen. "Bei der Bekämpfung der Kinderarmut ist für mich entscheidend, dass das Geld bei den Kindern ankommt. Nur auf Geldzahlungen zu setzen, wäre falsch", sagte der Finanzminister. In manchen Fällen komme die Hilfe nie bei den Kindern an, sondern bleibe beim Familienoberhaupt.
Gerade für Familien, in denen nicht Deutsch gesprochen werde und in denen bisher niemand ein eigenes Einkommen erziele, gebe es bessere Hilfen als mehr Geld: "Sprache und Bildung für die Eltern, damit sie den Lebensunterhalt selbst finanzieren können", führte Lindner aus.
Die Kindergrundsicherung soll ab 2025 ausgezahlt werden und bisherige Familienleistungen bündeln. Zugleich sollen Zugangshürden für Familien abgebaut werden. Umstritten ist in der Ampel-Koalition, ob mit der neuen Leistung für Kinder auch eine Erhöhung der Leistungen einhergehen soll.
"Das wichtigste sozialpolitische Vorhaben"
Familienministerin Paus pocht darauf, dass die geplante Kindergrundsicherung bei den Haushaltsverhandlungen prioritär behandelt wird. "Sie ist das wichtigste sozialpolitische Vorhaben dieser Regierung", sagte Paus der Zeitung "Welt am Sonntag". Im Koalitionsvertrag sei festgeschrieben, die Kindergrundsicherung einzuführen: "Daran wird sich die Koalition messen lassen müssen", unterstrich Paus. Jeder Cent im Kampf gegen Kinderarmut sei "eine Investition in die Zukunft unserer Gesellschaft", sagte die Grünen-Politikerin.
Die SPD-Vorsitzende Saskia Esken sagte der "Welt am Sonntag": "Einen fairen, sozialen Staat der verlässlichen Daseinsvorsorge gibt es nicht für lau." Zwar seien Kindergeld und Kinderzuschlag zum Jahresanfang bereits massiv erhöht worden. Der Kinderzuschlag erreiche derzeit aber nur 35 Prozent der eigentlich Berechtigten.
Auch Andreas Audretsch, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Grünen im Bundestag, verwies auf den Koalitionsvertrag. "Jedes fünfte Kind lebt in Armut, das zu beenden, ist eine Investition in die Kleinsten unserer Gesellschaft und in die Zukunft unseres Landes gleichermaßen", sagte Audretsch. Zum Nulltarif sei das nicht zu haben.
"Die Zeit läuft davon"
Der Präsident des Deutschen Kinderhilfswerks, Thomas Krüger, warnte vor einer "Mogelpackung" bei der Kindergrundsicherung. Die Höhe der Leistung müsse das vom Bundesverfassungsgericht geforderte Mindestmaß an Teilhabe am gesellschaftlichen, politischen und kulturellen Leben von Kindern und Jugendlichen abdecken, sagte Krüger der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (4.3,): "Das wird mehr Geld kosten als bisher." Mehrkosten bei der Kindergrundsicherung seien "eine notwendige Investition des Staates in die Zukunftsfähigkeit unseres Landes", so Krüger.
Der Deutsche Kinderschutzbund pochte auf Fortschritte bei der Kindergrundsicherung. "Der Kindergrundsicherung läuft die Zeit davon, wenn sie noch in dieser Legislatur kommen soll", sagte Kinderschutzbund-Präsident Heinz Hilgers der "Stuttgarter Zeitung" und den "Stuttgarter Nachrichten" (4.3.). "Mein Verständnis für die Hinhaltetaktik einiger Minister innerhalb der Koalition ist allmählich erschöpft", fügte er hinzu. "Die Finanzierungsfrage ist eine der politischen Prioritätensetzung: Was sind uns unsere Kinder wert? Wieviel investieren wir heute in die Zukunft unseres Landes?", betonte Hilgers.