Die Belegung von Erstaufnahmeeinrichtungen variiert den Angaben zufolge aber von Land zu Land. In Bayern und im Saarland seien sie zu 90 Prozent belegt. Auch Baden-Württemberg und Sachsen-Anhalt hätten angegeben, dass die Einrichtungen "weitgehend ausgelastet" seien. Hessen, Sachsen, Schleswig-Holstein und Thüringen hätten dagegen gemeldet, dass rund die Hälfte der Plätze belegt sei.
Freie Kapazitäten in Hessen, Sachsen, Schleswig-Holstein und Thüringen
Die Konzentration an einigen Orten erklärt der Mediendienst mit den besonderen Regelungen für die Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine. Sie konnten ohne Visum nach Deutschland einreisen, sich frei bewegen und kamen in großer Zahl bei Verwandten, Freunden oder hilfsbereiten Gastgebern unter. Sie wurden nicht wie andere Asylsuchende über das übliche System auf die Bundesländer verteilt. Ziehen diese Menschen aus den privaten Unterkünften aus, bleiben sie den Angaben zufolge oftmals in der ausgesuchten Kommune, in der sie bereits gemeldet sind. Dazu komme es zu einer Konzentration an bestimmten Orten.
Durch den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine waren im vergangenen Jahr mehr als eine Million Flüchtlinge aus dem Land nach Deutschland gekommen. Nach den Jahren der Corona-Pandemie war 2022 zudem auch die Zahl Schutzsuchender aus anderen Ländern wieder gestiegen. Rund 218.000 Erstanträge auf Asyl wurden im vergangenen Jahr gestellt.
8 von 10 Flüchtlingen aus der Ukraine
Vor dem Flüchtlingsgipfel am Donnerstag hat Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) den humanitären Kraftakt bei der Versorgung von Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine im Jahr 2022 betont. "Wir haben bis heute 1.062.000 Ukrainerinnen und Ukrainern vor Putins brutalen Angriffen Schutz geboten", sagte Faeser der Düsseldorfer "Rheinischen Post" (Mittwoch). Durch diesen großen humanitären Kraftakt aller staatlicher Ebenen hätten viele Leben gerettet werden können. Acht von zehn Flüchtlinge seien im vergangenen Jahr aus der Ukraine nach Deutschland gekommen.
Am Donnerstag lädt Faeser zum zweiten Mal zum Flüchtlingsgipfel ein. Beteiligt sind vor allem die kommunalen Spitzenverbände, die 16 zuständigen Landesminister, das Bundesfinanz- und das Bundesbauministerium sowie die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, wie Faeser mitteilte.
So viele Menschen gut unterzubringen und zu versorgen, koste immer mehr Kraft, je länger es dauere, sagte Faeser. Das bringe das Land an vielen Orten an Grenzen. Sie forderte erneut, eine stärkere europäische Verteilung der Kriegsflüchtlinge.
Begrenzung und Wegfall der Wohnsitzauflage
Im Jahr 2022 habe der Bund die Länder und Kommunen finanziell mit 3,5 Milliarden Euro unterstützt, sagte sie. Für dieses Jahr seien weitere 2,75 Milliarden Euro vereinbart. Ergänzend dazu habe der Bund die Länder und Kommunen in erheblichem Umfang durch zusätzliche Umsatzsteuermittel finanziell entlastet. Zudem seien fast 69.000 Unterbringungsplätze in Bundesliegenschaften zur Verfügung gestellt worden.
Der hessische Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) verlangte deutliche Zugeständnisse des Bundes in der Flüchtlingspolitik. Beim Flüchtlingsgipfel müsse auch über Geld gesprochen werden, forderte Rhein im Magazin "Der Spiegel". Er habe das Gefühl, dass "in Berlin überhaupt noch nicht angekommen ist", was in Regionen wie dem hessischen Odenwald oder der Bergstraße los sei, sagte Rhein. Die Aufnahmebereitschaft sei groß, aber irgendwann finde jede Akzeptanz ein Ende. Deshalb müsse die Zuwanderung "gesteuert und begrenzt werden", so der CDU-Politiker.
Vor dem Gipfel forderte die Organisation Pro Asyl einen Wegfall der Wohnsitzauflage. Es sei absurd, dass Kriegs- und anerkannte Flüchtlinge nicht jedes Wohnungsangebot annehmen könnten, sondern wegen der Auflage auf eine bestimmte Kommune festgelegt seien, erklärte der flüchtlingspolitische Sprecher der Organisation, Tareq Alaows.
Pro Asyl schlägt vor, dass Flüchtlinge, die privat bei Angehörigen, Freunden oder anderen hilfsbereiten Menschen unterkommen können, von der Pflicht zur Unterbringung in einer Sammelunterkunft und vom Verteilsystem unter den Bundesländern ausgenommen werden.