Der Anlass für den Prozess war Zapps Erklärung schon vor Jahren vor der Stadt Staufen im Breisgau, er trete aus der "römisch-katholischen Kirche, Körperschaft öffentlichen Rechts" aus – und somit nur aus der Institution, nicht aber aus der Glaubensgemeinschaft. Der zuständige Kommunalbeamte hielt die Unterscheidung für plausibel, strich Zapp aus der Steuerliste, behielt aber den Eintrag seiner Religionszugehörigkeit "römisch-katholisch" bei.
Schon damals hatte die Erzdiözese Freiburg die Stadt Staufen verklagt, sie habe den partiellen Kirchenaustritt zu Unrecht akzeptiert. Ein Gericht entschied dann im Sommer 2009, Zapps Zusatz "Körperschaft des öffentlichen Rechts" auf dem Formular sei korrekt, er sei somit nicht mehr kirchensteuerpflichtig – auch wenn die Erzdiözese ihn weiter zu ihren Mitgliedern zählen, ihn also zu allen Sakramenten und als Taufpaten zulassen müsse. Die katholische Kirche ging in Revision – und gewann am 26. September 2012 vor dem Bundesverwaltungsgericht.
Die Rechtsform Kirche ist eine sehr irdische Institution
"In Deutschland hat, wer glaubt, zu zahlen", kommentiert Zeit Online. Und das ist kompletter Unsinn. Jeder kann weiterhin glauben, was er will. Zahlen muss er erst, wenn er einer Religionsgemeinschaft angehören möchte, die sich als Körperschaften öffentlichen Rechts organisiert, und die von ihrem in Deutschland gewährten Recht Gebrauch macht, Beiträge durch die staatliche Steuerverwaltung (gegen Vorkasse) einzutreiben.
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Ein Problem haben weder die körperschaftlich noch die anderweitig organisierten Protestanten noch die Juden und Muslime, wie auch immer sie organisiert sind – nicht mit dem ersten Freiburger Urteil, und auch nicht mit dem gegenteiligen Urteil des Bundesverwaltungsgerichts.
Protestanten halten die an eine Rechtsform gebundene Kirche für eine sehr irdische Institution, und eben nicht für die im Glaubensbekenntnis angesprochene "heilige christliche Kirche". Letztere ist unsichtbar und kann sich genauso gut auch außerhalb der eigenen Institution entfalten wie innerhalb. Insofern darf im Prinzip jeder, der sich als Christ zu erkennen gibt (ob nun als Mitglied einer Landes- oder Freikirche), das Abendmahl in einer evangelischen Kirche empfangen und seine Kinder taufen lassen. Er darf auch von einem evangelischen Pfarrer bestattet werden, grundsätzlich spricht jedenfalls nicht dagegen.
Aber: Er oder sie sollte sich eben glaubhaft als Christ, Christin zu erkennen geben. Die Kirche ist und bleibt eine Solidargemeinschaft. Wer glaubt, er komme ganz ohne Obolus davon, ist auf dem Holzweg.
Ein Anstoß, den römisch-katholischen Kirchenbegriff zu überdenken
Nein, im früheren und im aktuellen Urteil geht es um nichts weniger als den römisch-katholischen Kirchenbegriff. Der sieht vor, dass nur die real existierende römisch-katholische Kirche diejenige sei, von der es im Glaubensbekenntnis heißt: "Ich glaube an die heilige katholische Kirche." Deshalb wollte die Erzdiözese auch nicht akzeptieren, dass Zapp seine Kirche im Austrittsbescheid auf ihre Rechtsform reduziert ("Körperschaft des öffentlichen Rechts").
Dieser römisch-katholische Kirchenbegriff sieht zudem vor, dass eine Loslösung von der Kirche nur möglich sei, wenn man ihre Glaubensgrundsätze ablehne. Doch Zapp erklärt sich mit allen Glaubensgrundsätzen einverstanden, er will nur eine andere Rechtsform als die in Deutschland geltende "Körperschaft des öffentlichen Rechts". Da sich die katholische Kirche – wie sie es außerhalb Deutschlands beweist – auch anders organisieren kann, ist Zapps Argumentation eigentlich schlüssig und eigentlich wasserdicht.
Aber nun hat das Bundesverwaltungsgericht der Deutschen Bischofskonferenz einen Gefallen getan und gesagt: Zusatzbemerkungen wie diejenige, die Herr Zapp im Einwohnermeldeamt von Staufen hinterlegt hat, täten nichts zur Sache. Ausgetreten ist ausgetreten. Schade allenfalls für Hartmut Zapp und seine Mitstreiter, die hier ein Druckmittel sahen, dass die römisch-katholische Kirche ihren Kirchenbegriff überdenkt.