epd-bild/Barry Wetcher/GHS P/Barry
In dem Film"Wie beim ersten Mal", der am Donnerstag in die Kinos kommt, fühlt sich Kay (Meryl Streep, re.) in ihrer nunmehr dreißigjährigen Ehe mit Arnold (Tommy Lee Jones, li.) missachtet.
Filmkritik der Woche: "Wie beim ersten Mal"
"Hat es was mit den Hormonen zu tun?" Meryl Streep hat genug von ihrer fast erloschenen Ehe mit Tommy Lee Jones. In der unverblümten Komödie "Wie beim ersten Mal" zerrt Streep ihren Gatten zur Eheberatung bei Therapeut Steve Carell.
26.09.2012
epd
Birgit Roschy

Von Comedian Steve Carell auf der Besetzungsliste sollte man sich nicht täuschen lassen. Viel zu lachen gibt es in dieser Komödie, in der er einen unerschütterlichen Therapeuten spielt, nicht. Stattdessen werden mit erstaunlicher Direktheit eheliche Abnutzungserscheinungen angegangen. Wer je dafür plädierte, dass Hollywood die "reifere" Zielgruppe stärker ins Visier nimmt, bekommt hier eventuell mehr geboten, als er sich gewünscht hat.

In der dreißigjährigen Ehe von Kay (Meryl Streep) und Arnold (Tommy Lee Jones) wird "darüber" nicht geredet. Er arbeitet noch, sie ist Hausfrau mit Nebenjob; die Vorortidylle wird durch kein sichtbares Problem beeinträchtigt und die drei Kinder sind aus dem Haus. Im Bett herrscht seit Jahren schon tote Hose; zu sagen haben sie sich auch nicht mehr viel. Kay fühlt sich missachtet, also bucht sie eine Woche Therapieurlaub bei Dr. Bernie Feld (Steve Carrell) und zieht den sich heftig wehrenden Arnold mit sich. Der hat dafür wenig Verständnis und fragt lediglich, ob dieses Verhalten hormonbedingt sei. Dr. Feld setzt das Paar auf den heißen Stuhl und konfrontiert es mit Detailfragen zum Sexleben. Dies und die Intimitätsübungen, die er ihnen auferlegt, sorgen für inneren und äußeren Aufruhr.

In eine offene Beziehung, Seitensprünge oder einen "Rosenkrieg" ufert der Griff ins Eingemachte jedoch nicht aus; das konventionelle Mittelklassepaar ist sich nämlich noch zugetan. Dennoch wäre der Blick ins Schlafzimmer dieser Ehe ohne sein Starduo nur schwer erträglich. Meisterhaft harmonieren die beiden Altstars auf dem halsbrecherischen Grat zwischen Humor, Klamauk und Fremdschämen und überspielen sowohl Schmusesoundtrack wie Plattitüden.

Müde Männer munter machen

Wie der mürrische, alte Mann, Tommy Lee Jones, sich angesichts Dr. Felds Fragen windet, wie er über die Preise im Ferienort knoddert, wie er nach Büroschluss so geschafft umhertrottet, dass man angesichts Kays Erwartungen Mitleid mit ihm empfindet: das ist große Kunst. Meryl Streep, die so oft eine Selfmade-Frau gespielt hat, gibt ein liebenswürdiges Heimchen in geblümten Blusen. Kay ist in ihrer Bedürftigkeit wie auch in ihrer Entschlossenheit eine rührende Figur, obwohl Streep mit nervösen Ticks etwas dick aufträgt.

Das kommt eben dabei heraus, wenn ein Mann in einem Frauenfilm Regie führt. David Frankel, der schon in MARLEY & ICH geschmeidigen Biedersinn bewies, inszeniert stattdessen ein bisschen Slapstick auf Kays Kosten. Trotzdem ist der Film mit seiner Botschaft, Lust und Leidenschaft in einer langjährigen Beziehung nicht kampflos aufzugeben, ziemlich modern. Konservativ ist dagegen das Durchhalteplädoyer für die weibliche Zielgruppe. Die eigentlich interessante Erkenntnis ist dabei, dass nicht Therapie und Stimulierung, sondern der negative Anreiz der Trennungsdrohung müde Männer munter macht.

USA 2012. Regie: David Frankel. Buch: Vanessa Taylor. Mit: Meryl Streep, Tommy Lee Jones, Steve Carell, Jean Smart, Ben Rappaport, Marin Ireland. Länge: 100 Minuten. FSK: ab 6 Jahren.