"Gutes Essen für alle", "Bauernhöfe statt Agrarindustrie", "Boden denen, die drauf ackern" - in Berlin haben zum Beginn der internationalen Agrarmesse Grüne Woche mehrere Tausend Menschen für eine umweltfreundliche und nachhaltige Landwirtschaft demonstriert. Unter dem Motto "Wir haben es satt" zogen sie vom Brandenburger Tor durch das Berliner Regierungsviertel.
Die Veranstalter, ein Bündnis aus rund 80 Agrar-, Umwelt- und Entwicklungsorganisationen, sprachen von rund 10.000, die Polizei von rund 7000 Teilnehmenden.
Bei der 15. Berliner Agrarministerkonferenz verpflichteten sich zugleich Vertreter von 70 Ländern zu einer weltweit stärkeren Förderung nachhaltiger und krisenfester Ernährungssysteme, wie das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft mitteilte. In der Abschlusserklärung wird zudem zugesichert, Lebensmittel für alle verfügbar, erschwinglich und sicher zu machen.
Zum Auftakt der Agrarwende-Demonstration fuhr ein Konvoi aus fast 50 Traktoren zum Auswärtigen Amt in der Innenstadt. Dort wurde nach Angaben der Veranstalter eine Protestnote mit Forderungen an Landwirtschaftsminister Cem Özedemir (Grüne) übergeben. In dem Sechs-Punkte-Plan werden unter anderem faire Erzeugerpreise, gute Löhne für alle, ein Ende der Lebensmittelverschwendung und eine faire Verteilung des gesellschaftlichen Reichtums gefordert.
Gesundes Essen darf kein Luxus sein
Regenmangel, trockene Böden und schlechte Ernten zeigten, dass die Klimakrise immer bedrohlicher werde, hieß es im Aufruf zu der Demonstration. Wachstumslogik und politische Fehlentscheidungen seien verantwortlich für das Überhitzen des Planeten und ein dramatisches Artensterben. Weltweit wachse der Hunger, auch hierzulande wüssten viele Menschen nicht mehr, wie sie ihren Kühlschrank füllen sollen. Deswegen sei eine sozial-ökologische Transformation nötig.
Die Diakonie Deutschland forderte anlässlich der Demonstration eine gesunde Ernährung auch für Arme. Gesundes Essen dürfe kein Luxus sein, erklärte der evangelische Sozialverband. Sozialleistungen und Einkommen müssten hoch genug sein, damit alle an einer sozial-ökologischen Agrar- und Ernährungswende teilhaben können. Menschen mit wenig Geld seien jedoch weiter unfreiwillig auf Dumpingpreise und damit auf unökologisch und unsozial hergestellte Lebensmittel angewiesen. Dies schade ihnen selbst, den Produzierenden und der Umwelt. Die Diakonie habe sich deshalb erstmals an der Demonstration beteiligt.
Der Berliner Bischof Christian Stäblein rief im Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) zu einem bewussteren Umgang mit Lebensmitteln auf. Eine ökologische und tiergerechte Landwirtschaft erfordere auch das Bewusstsein, "dass Nahrung und Ernährung nicht zu Dumpingpreisen zu haben sind", sagte der Bischof der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz.
Die "Wir haben es satt"-Demonstration fand bereits zum 13. Mal statt. Die Proteste laufen traditionell zum Beginn der Grünen Woche, der nach eigenen Angaben weltweit größten Agrarmesse.