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Katholikentag: Die katholische To-do-Liste
In der katholischen Welt gibt es zurzeit zahlreiche Aufreger. Der 98. Deutsche Katholikentag in Mannheim vom 16. bis 20 Mai muss vermitteln und den Ausgleich suchen - zwischen Progressiven und Traditionalisten.
17.05.2012
epd
Stephan Cezanne

Die katholische Kirche in Deutschland hat es nicht leicht. Kaum hatte man mit der Einleitung umfassender Reformen auf den Missbrauchskandal reagiert und Glaubwürdigkeit sowie Vertrauen zurückgewonnen, gibt Papst Benedikt XVI. neue Hausaufgaben auf: Zuletzt seine theologisch äußerst komplizierte Anordnung zu einer bibeltreueren Übersetzung der Liturgie zur Eucharistiefeier. Während die einen dies als überfällige Reform des katholischen Messgottesdienstes feiern, sehen Kritiker darin ein neues Zugeständnis von Benedikt an konservative Kräfte wie die Pius-Brüder.

Auch der Appell von Benedikt XVI. während seiner Deutschlandreise im September 2011 in Freiburg an engagierte Katholiken, sie sollten auf "Distanz zu ihrer Umgebung" gehen, sich gewissermaßen "entweltlichen", aber zugleich nicht aus der Welt zurückzuziehen, sorgt bis heute für Debatten. Überhaupt erfuhr der Besuch von Benedikt eine große Bandbreite an Deutungen. Als das Kirchenoberhaupt nach Rom zurückkehrte, ließ er zahlreiche ratlose katholische - und protestantische - Christen zurück.

Reformations-Gedenken: "Wir können nicht eine Sünde feiern"

Überhaupt die Ökumene: Hier sorgte ausgerechnet der für den Dialog mit den Protestanten zuständige Kardinal Kurt Koch jüngst für Irritationen. Der Präsident des Päpstlichen Einheitsrates forderte mit Blick auf das Reformationsjubiläum 2017 ein Schuldbekenntnis von Katholiken und Protestanten. Man solle zudem "nicht von einem 'Jubiläum' sprechen, sondern von einem Reformations-Gedenken, denn wir können nicht eine Sünde feiern", sagte Koch in Wien.

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Der Erfurter katholische Bischof Joachim Wanke wünscht sich mit Blick auf das Reformationsjubiläum 2017 - an dem die evangelische Kirche an den legendären Thesenanschlag Luthers und ihre "Gründung" vor 500 Jahren erinnern will - von den Protestanten ein gemeinsames Vorgehen gegen die Religionsferne in Deutschland. "Was wir mehr brauchen als den Blick zurück, ist ein Blick nach vorn: Was steht gemeinsam für die Kirchen als gegenwärtige Herausforderung an?", sagte Wanke der Tageszeitung "Die Welt". Im Übrigen solle man die Vergangenheit auf sich beruhen lassen, fügte Wanke hinzu: "Jeder hat sein eigenes Paket Schuld zu tragen."

Schüllers "Aufruf zum Ungehorsam"

Während der ökumenische Dialog an der Kirchenbasis offenbar erfolgreich und im Stillen weiter vorangeht, hat die katholische Kirche mit "Protestanten" in den eigenen Reihen zu kämpfen. So schwappt offenbar eine innerkirchliche Protestwelle über die Alpen: Der österreichische Priester Helmut Schüller will am Rande des Katholikentag in Mannheim Seelsorger und Gläubige zum "Widerstand" aufrufen. "Wenn Reformen nicht von oben offensiver aufgegriffen werden, dann müssen sie einfach unten praktiziert werden", sagte der Sprecher der Priester-Initiative.

Mit einem "Aufruf zum Ungehorsam" hatte Schüller im Juni 2011 bereits in Österreich für Aufruhr in der Kirche gesorgt. In dem Papier wird die Zulassung von Frauen und Verheirateten zum Priesteramt gefordert. Pfarrer sollten nicht länger "aus falsch verstandener Solidarität mit dem Papst" ihre Kritik verschweigen, forderte der katholische Geistliche. "Aus Liebe zur Kirche müssen wir Pfarrer auch etwas riskieren." "Die Zeit der Resolutionen und Bittbriefe ist vorbei", sagte Schüller. "Das hat alles überhaupt nichts gebracht, es wurde alles ausgesessen".

Glück: "Verlorenes Vertrauen und Glaubwürdigkeit unserer Kirche zurückzugewinnen"

In Deutschland gibt es schon seit einiger Zeit einen vom Zentralkomitee der deutschen Katholiken und der Deutschen Bischofskonferenz angestoßenen Dialogprozess in der katholischen Kirche. "Dieser Dialogprozess", so Zentralkomitee-Präsident Alois Glück, "ist eine große Chance, verlorenes Vertrauen und Glaubwürdigkeit unserer Kirche zurückzugewinnen". Die aktive Beteiligung aller katholischen Verbände, Organisationen, Räte und Geistlichen Gemeinschaften sei gefragt, so das Zentralkomitee: "Nur so wird der Dialogprozess gelingen."

Auch der Mannheimer Katholikentag gibt sich mit seinem Leitwort - "Einen neuen Aufbruch wagen" - optimistisch. Das Wagnis eines neuen Aufbruchs geschehe in der katholischen Kirche Deutschlands mit Blick auf die Belastungen und Verwerfungen des "Skandaljahres" 2010 in "großer Nachdenklichkeit und mit einem tastenden Dialog zwischen Laien und Klerikern, Verantwortungsträgern und 'einfachen Gläubigen' im Volk Gottes", wünschen die Veranstalter.