"Barmherzigkeit ist motivationale Grundlage für soziales, dem christlichen Menschenbild verpflichtetes, politisches Handeln", sagte sie laut Redemanuskript am Sonntag in der Reihe "Kanzelrede" in der Leipziger Michaeliskirche.
Barmherzigkeit sei als Wegbereiterin für Verständigung und Toleranz in der politischen Kultur unverzichtbar, um für politische Maßnahmen Akzeptanz und Zustimmung in der Bevölkerung zu finden. Vor diesem Hintergrund rief Grütters mit Blick auf Demonstrationen gegen eine angebliche Islamisierung des Abendlandes dazu auf, Feindbilder zu überwinden: "Dazu braucht es Menschen in der Politik, in den Kirchen, im bürgerschaftlichen Engagement, die auch im Fremden zuallererst den Mitmenschen sehen.
Die ehemalige Kulturstaatsministerin warb in ihrer Kanzelrede für einvernehmliche Suche nach Lösungen. Ohne Bereitschaft zum Kompromiss, ohne Bereitschaft zur Abweichung vom eigenen Idealismus, funktioniere keine Demokratie, mahnte sie.
Unter allen Berufsgruppen genießen Politiker weltweit laut Grütters das geringste Vertrauen in der Bevölkerung. Trotz des redlichen Versuches, allen gerecht zu werden, gelinge dies häufig nicht. Dabei könnte es zu moralischen Konflikten zwischen allgemeinen Interessen und den Bedürfnissen etwa einzelner Gruppen kommen, sagte sie unter Hinweis auf Fragen der Generationengerechtigkeit bei der Bekämpfung von Altersarmut.