Die Klasse von Grundschullehrerin Berit Nobel ist ausgesprochen gemischt. Die Mädchen und Jungen kommen aus den unterschiedlichsten Ländern, in ihren Familien sind die Traditionen und Bräuche gerade jetzt zur Weihnachtszeit vielfältig. Christen, Muslime, Jesiden, Atheisten und Freikirchler sitzen nebeneinander. Aber in einer Frage sind sich alle Kinder in der Klasse an der Grundschule in Bremen-Grambke einig: Engel gibt es wirklich. Kein Zweifel.
An mehreren Tagen haben sich die Acht- bis Zehnjährigen begleitet von Studierenden jahrgangsübergreifend mit Engeln beschäftigt und dabei auch gemalt, wie sie sich die Heerscharen Gottes vorstellen. Was dabei herausgekommen ist, sieht ganz klassisch aus: Engel haben natürlich Flügel, meist einen Heiligenschein, ein großes Herz und ein Lächeln auf den Lippen. "Engel sind cool" steht auf einem Papier, auf dem die Kinder Eigenschaften der Flügelwesen notiert haben. Und natürlich sind sie auch nett und hilfsbereit, dazu schlau und stark.
"Engel kämpfen gegen das Böse, machen gute Taten, passen auf die Menschen auf, helfen dem Weihnachtsmann, beschützen und geben Mut", fasst Lehrerin Berit Nobel die Überzeugung der Kinder zusammen. Ein Mädchen ergänzt, sie habe bei Dunkelheit Angst bekommen und auf einmal die Nähe eines Engels gespürt. Und der habe auch zu ihr gesprochen: "Hab keine Angst."
Andere Kinder meinen, die Engel arbeiten für Gott und sagen den Menschen, was sie tun sollen. Ein Mädchen, aus Syrien nach Deutschland geflüchtet, erzählt: "Mir haben schon ganz oft Menschen geholfen, so wie Engel."
Mehr als 66 Prozent der Erwachsenen glauben an Engel
Aber nicht nur Kinder glauben fest an Engel, die an Weihnachten allgegenwärtig sind. Unter den Erwachsenen sind sie auch populär. Die Evangelische Zentralstelle für Weltanschauungsfragen in Berlin zitiert in diesem Zusammenhang zwei Studien: Eine Forsa-Umfrage aus dem Jahr 2005 kam zu dem Ergebnis, dass in Deutschland mehr Menschen an Engel glauben (66 Prozent) als an Gott (64 Prozent). Eine Online-Befragung durch YouGov im Jahr 2016 bestätigte den Trend: 58 Prozent der Frauen und 41 Prozent der Männer glauben an Schutzengel.
In der Klasse von Berit Nobel konnten die Kinder in den Adventswochen selbst zum Engel werden. Die Lehrerin hatte Kalendersäckchen gefüllt, die dann täglich ausgepackt wurden. Außer einem kleinen Geschenk waren in den Beuteln "Geheimaufträge", die sich die Kinder ausgedacht hatten. "Es geht darum, jemand anderem etwas Gutes zu tun", erläutert Nobel. "Beispielsweise die Tür aufhalten, ein Bild malen und verschenken, lächeln, etwas teilen." Ein Geschenk sei in diesem Jahr besonders beliebt: "Jemanden umarmen und ihm zeigen, dass man ihn mag."
Stellt sich die Frage: Können auch Menschen Engel sein? Da sind die Kinder eher skeptisch, auch wenn sie überzeugt sind, dass Engel wie Menschen aussehen, eben nur mit Flügeln und Heiligenschein. Engel könnten sie nur sein, wenn sie gleichzeitig unsichtbar seien, meinen sie. Aber klar ist für sie auch: Es gibt Menschen, die sich wie Engel verhalten - "und gute Taten machen".