Neue kirchliche Formate und in der Corona-Zeit entstandene Online-Angebote machen in diesem Jahr vielfach wieder Platz für klassische Weihnachtsgottesdienste. Doch manche Idee, die aus der Not der Corona-Beschränkungen heraus entstanden ist, bleibt und neue kommen hinzu. Im vergangenen Jahr fanden zahlreiche Andachten draußen statt, wurden Gottesdienste gestreamt und digitale Stationen-Krippenspiele mit dem Smartphone erlebt. Solche Angebote sind an Weihnachten 2022 rar geworden, aber keineswegs verschwunden.
Die evangelische Südstadtkirchengemeinde Osnabrück hat ihren Weihnachtstruck mit Trecker und Anhänger wieder eingemottet. "Zu aufwendig", sagt Pastor Hilko Danckwerts. Die Heiligabend- und Weihnachtsgottesdienste werden wieder allesamt in den drei Kirchen gefeiert. Aber den Gedanken hinter dem rollenden Gefährt werden sie beibehalten und auf neue Projekte übertragen: "Wir werden auch weiterhin rausgehen zu den Menschen in unserem Stadtteil." Mit einem komplett aus Spenden finanzierten Lastenfahrrad zum Beispiel, bestückt unter anderem mit Tisch, Campingstühlen, Kerzen, Kreuz und Beamer.
In Lüneburg startet in diesem Jahr am Heiligabend ebenfalls wieder mit dem Paul-Gerhardt-Mobil ein umgebautes Lastenfahrrad. "Wir machen an 15 Straßenecken Station, lesen die Weihnachtsgeschichte, sprechen einen Weihnachtssegen und singen mit allen, die an Fenstern oder Türen, auf Terrassen oder Balkonen dabei sein mögen 'O du fröhliche'", kündigt Diakonin Antje Stoffregen an. Schon am 23. Dezember lädt der Kirchenkreis Lüneburg zum offenen Singen vor dem Rathaus auf dem Weihnachtsmarkt der Hansestadt ein. Weihnachten draußen ist auch die Devise bei der Waldweihnacht am ersten Feiertag in Pattensen bei Winsen/Luhe.
Eine "offene Kirche" hat die Christus- und Kreuz-Kirchengemeinde in Nordhorn beibehalten. In der Adventszeit besuchten viele die dort aufgebaute Krippenlandschaft mit eigenem Audio-Guide, sagt Pastor Simon de Vries. Das tägliche Abendgebet in der Kirche werde nach wie vor gestreamt. Viele verfolgten es bis heute zu Hause vor dem Bildschirm.
Insgesamt rechnet die hannoversche Landeskirche als größte evangelische Kirche in Deutschland in diesem Jahr aber damit, dass die Besucherzahlen bei den Weihnachtsgottesdiensten wieder das Niveau erreichen wie vor den Corona-Beschränkungen im Jahr 2019. Sprecher Benjamin Simon-Hinkelmann betont "Wir freuen uns darauf, dass die Gottesdienste wieder in vollem Umfang möglich sind."
So wollen auch die Gemeinden in Nordhorn und Osnabrück wie vor Corona ohne Beschränkungen in den Kirchen feiern. Zwar würden die Heizungen wegen der Energiekrise nur moderat aufgedreht. Kalt blieben die Kirchen aber nicht, betonen die beiden Pastoren. Die an den Festtagen zahlreichen Besucher würden die Räume zusätzlich auf eine einigermaßen angenehme Temperatur aufheizen.
Auch in der St. Johannes-Kirchengemeinde in Groß Escherde im Landkreis Hildesheim stehen Gottesdienste mit Krippenspiel und eine Vesper am Heiligabend auf dem Programm. Dort hat der Kirchenvorstand aber für die Weihnachtsgottesdienste eine Maskenpflicht beschlossen. Dafür habe man die Abstandsregeln aufgehoben, sagt Pastor Mark-Christian Schumacher: "So werden mehr Menschen in unseren Gottesdiensten Platz finden."
Und was bleibt von den digitalen Angeboten? Der Arbeitsbereich Kindergottesdienst der Landeskirche Hannovers am Michaeliskloster Hildesheim hatte 2021 kurz vor Weihnachten gleich mehrfach dazu Online-Seminare angeboten. Mehr als 160 Ehren- und Hauptamtliche tauschten sich aus und nahmen Ideen für ihre lokalen Weihnachtsgottesdienste unter Pandemiebedingungen mit. Ein vergleichbares Angebot gebe es in diesem Jahr mangels Nachfrage nicht, sagt die Leiterin des Arbeitsbereiches, Pastorin Hanna Dallmeier.
In Celle-Blumlage aber feiert die Kirchengemeinde St. Georg zum Beispiel auch in diesem Jahr einen Online-Gottesdienst, der auf YouTube und der Gemeinde-Website zu sehen sein wird. Ein Kinderchor singt, Pastor Loïc Berge trägt ein selbst verfasstes Gedicht vor. Das Online-Format haben der Franzose und seine Gemeinde ganz bewusst gewählt, wie er sagt: "Die Zahlen in den vergangenen Jahren haben gezeigt, dass wir so viel mehr Menschen erreichen können als mit den Präsenzgottesdiensten in der Kirche."