Benin-Bronzen
© epd-bild/Juergen Blume
Die Benin-Bronzen im Berliner Humboldt Forum wurden von britischen Söldnern vor 125 Jahren aus Nigeria geraubt. So gelangten die Stücke in den Kunsthandel und in Museen in Deutschland. Jetzt wurden erste Kunstwerke zurückgegeben.
Baerbock besucht Nigeria
Rückgabe von Benin-Bronzen korrigiert Fehler
Bei ihrer Reise nach Nigeria übergibt Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) nicht nur die vor 130 Jahren geraubten Benin-Bronzen. Sie kündigte auch eine engere Kooperation mit dem Land im Bereich von Sicherheit und Energieversorgung an. Nigeria sei die größte Demokratie Afrikas, die Stimme des Landes habe Gewicht, sagte Baerbock. Die Rückgabe der Bronzen korrigiere einen historischen Fehler.

Nach 125 Jahren sind sie in ihre Heimat zurückgekehrt: 20 unter britischer Kolonialherrschaft gestohlene und nach Europa gebrachte Benin-Bronzen stehen am Dienstag aufgereiht in einem Saal des nigerianischen Außenministeriums in der Hauptstadt Abuja. Im Rahmen einer feierlichen Zeremonie wurden sie dort offiziell von der deutschen Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) zurückgegeben. Sie sei gekommen, um einen Fehler zu korrigieren, sagte Baerbock. Es sei von den damaligen deutschen Sammlern und Händlern falsch gewesen, die Bronzen zu nehmen und zu behalten.

Zwar waren es britische Truppen, die 1897 den Palast des Königreichs Benin, das heute in Nigeria liegt, plünderten. Aber auch Deutsche hätten in der Geschichte des europäischen Kolonialismus eine dunkle Rolle gespielt, sagte Baerbock und verwies auf die Gräuel in deutschen Kolonien. Auch bei den Benin-Bronzen haben sich die Deutschen in ihren Augen mitschuldig gemacht. Händler und Sammler, die sie von den Briten kauften, hätten gewusst, dass sie gestohlen worden seien, sagte die Ministerin.

Es sei nicht nur Kunst gewesen, die da geraubt wurde, sondern ein Teil der Geschichte, betonte Baerbock. Es wäre so, als würde man in Deutschland nicht die Gutenberg-Bibel oder die Schriften des Reformators Martin Luther bestaunen können, noch die Skulptur von Käthe Kollwitz in Berlin oder Goethes Schreibtisch in Weimar besichtigen können, sagte die Ministerin.

Außenministerin Annalena Baerbock trifft ihren nigerianischen Amtskollegen Geoffrey Onyeama in Abuja. Schwerpunkt der Reise ist die Rückgabe der Benin-Bronzen.

Schon seit Jahren wird über die Rückgabe der Benin-Bronzen verhandelt. Es geht um Gedenkköpfe, Masken und andere kunstvoll gefertigte Gegenstände aus Bronze, Messing und Elfenbein, die einen ungeschätzten materiellen, vor allem aber immateriellen Wert haben. Die Tradition der Kunstschätze gehört zur Identität des Landes. Besichtigt werden konnten die Kostbarkeiten, gefertigt zwischen dem 16. und 19. Jahrhundert, aber lange nur in Europa.

Tausende Benin-Bronzen befinden sich auf dem Kontinent, rund 1.100 davon in Deutschland. Die größte Sammlung verwaltet dort die Stiftung Preußischer Kulturbesitz. 514 Bronzen waren in ihrem Besitz. Der zweitgrößte Bestand befindet sich in Sachsen mit 262 Objekten. Weitere dieser Kunstwerke beherbergen die ethnologischen Museen in Hamburg, Köln und Stuttgart.

Sie gehörten aber nach Nigeria und nirgendwo anders hin, sagte der nigerianische Kulturminister Lai Mohammed bei der Übergabe am Dienstag. Nach einer politischen Absichtserklärung zwischen Deutschland und Nigeria in diesem Sommer haben die Museen die komplette Rückübertragung inzwischen vertraglich besiegelt. Stück für Stück sollen die Benin-Bronzen in ihre Heimat zurückkehren. Rund ein Drittel soll zunächst als Leihgabe in Deutschland verbleiben.

Ein Drittel der Benin-Bronzen verbleibt als Leihgabe in Deutschland

Baerbock sieht in der Rückgabe auch einen weiteren und entscheidenden Schritt bei der Aufarbeitung der deutschen Kolonialgeschichte. "Was heute beginnt, ist kein Schlussstrich, es ist ein Beginn", betonte auch Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne), die mit Baerbock nach Nigeria reiste. Sie hofft nach eigenen Worten auch auf einen künftig stärkeren Kulturaustausch zwischen Deutschland und Nigeria.

Der nigerianische Außenminister Geoffrey Onyeama dankte für die Rückgabe, auch dafür, dass die ersten Bronzen persönlich von Außenministerin Baerbock übergeben wurden. Er betonte, dass die nigerianische Regierung auch gegenüber anderen Staaten, die Benin-Bronzen haben, nicht mit der Forderung nach Rückgabe nachlassen werde.

Der Außenminister, der sich am Dienstagvormittag zu einem Gespräch mit Baerbock traf, machte auch deutlich, was er von der auch in Deutschland unter Kulturexperten geführten Diskussion darüber, ob die Kunstwerke in Nigeria fachgerecht aufbewahrt werden, hält: Er sehe da keine Probleme, sagte Onyeama. Die Bronzen seien immerhin auch in einem exzellenten Zustand gewesen, als sie weggebracht worden seien. In einem Pavillon in Benin-City sollen die Bronzen künftig aufbewahrt und besichtigt werden können. Den Bau unterstützt Deutschland.

Die Außenministerin verwies bei dem Treffen auch auf die Zusammenarbeit bei der Bekämpfung und im Umgang mit dem Klimawandel. Onyeama nannte unter anderem mögliche Kooperationen bei der Energiegewinnung durch Wasserstoff.

Baerbock hob zudem Nigerias internationale Rolle heraus. Trotz der Herausforderungen im eigenen Land engagiere sich das Land in Friedensmissionen. Nigeria stehe zudem innerhalb der Vereinten Nationen an der Seite derer, die den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine verurteilten, sagte Baerbock.

Baerbock war am Sonntag nach Nigeria gereist und hatte am Montag den Nordosten des Landes besucht, wo Islamisten die Sicherheit der Bevölkerung bedrohen. Auch im Bereich der Sicherheit versprach Baerbock dem westafrikanischen Land weitere Zusammenarbeit.

Der nigerianische Außenminister dankte für die Bereitschaft Deutschlands, die Bronzen zurückzugeben. Er forderte auch andere europäische Länder auf, in der Kolonialzeit gestohlene Kunstwerke zurückzugeben. Deutsche Museen und Stiftungen hatten in diesem Jahr die komplette Rückübertragung der Benin-Bronzen an Nigeria versprochen.

Deutschland unterstützt zudem den Bau eines Pavillons in Benin-City, wo die Bronzen künftig ausgestellt werden sollen.