Auf das Fernsehprogramm zu Weihnachten ist Verlass: Kein Fest ohne "Drei Haselnüsse für Aschenbrödel" und den "Kleinen Lord", den Becker-Heinz und Loriot. Das ist andernorts ebenso. In den USA war bis in die 90er Jahre hinein der Film "Böse Buben im Wunderland" ("Babes in Toyland") mit Stan Laurel und Oliver Hardy unverzichtbarer Bestandteil des weihnachtlichen Programms. Bis heute ist er noch in vielen kleineren Sendern zu sehen.
Schon die Uraufführung fand 1934 kurz vor den Festtagen statt. Der Film spielt in einem malerischen Spielzeugland, in dem gutherzige Großmütterchen in überdimensionalen Schuhen wohnen und sich neben Micky Maus und den "Drei kleinen Schweinchen" allerlei putziges Getier sowie ein fantasievoll gewandetes Völkchen tummeln, dem fast nichts seinen märchenhaften Frohsinn rauben kann.
Laurel und Hardy arbeiten in der Werkstatt des Spielzeugmachermeisters, bei dem der Weihnachtsmann seine Geschenke ordert. Aber es gibt auch einen abgefeimten Schurken, der über eine Horde schauerlicher Ungeheuer gebietet.
Laurel und Hardy legen ihm das Handwerk, indem sie eine Armee von Holzsoldaten auf ihn ansetzen, die aufgrund einer Verwechslung nicht in Puppengröße hergestellt wurden, sondern mit Zwei-Meter-Gardemaß aus der Werkstatt marschieren.
Mit deutscher Beteiligung
Der Bösewicht wird von einem deutschstämmigen Schauspieler dargestellt, dem in Berlin geborenen Henry Brandon, der später als Superverbrecher "Dr. Fu Man-Chu" und als düsterer Häuptling im Western-Klassiker "Der schwarze Falke" (1956) berühmt wurde. Die Aufnahmen waren überschattet von Streitigkeiten zwischen dem Produzenten Hal Roach und seinem Hauptdarsteller Stan Laurel. Ihm oblag die künstlerische Gesamtleitung, und er pochte auf weitgehende Mitsprache gegenüber Roach. Offizielle Regisseure waren Laurels Adlatus Charles Rogers und der gleichfalls aus Deutschland stammende Gus Meins, der für Roach seit 1934 die Abenteuer der "Kleinen Strolche" in Szene setzte.
Zu dieser Zeit gehörten Stan und Ollie bereits zu den populärsten Hollywood-Stars in Deutschland. Vor Aufkommen der Synchrontechnik hatten sie mehrere deutsche Sprachfassungen ihrer Filme produziert. Bei diesen sogenannten Versionsfilmen wurde jede Szene nacheinander in Englisch, Deutsch und Spanisch, mitunter außerdem in Französisch und Italienisch gedreht. Die beiden Darsteller lernten ihre Dialoge rein phonetisch.
Meisterschaft im Kurzfilm
Die "Bösen Buben im Wunderland" erlebten ihre deutsche Erstaufführung im Februar 1935 - allerdings in der Originalfassung mit Untertiteln. In den märchenhaften Dekors findet die lyrische, zuweilen surreale Note ihres spezifischen Witzes einen angemessenen Rahmen. Allerdings spielen die Komiker inmitten operettenhafter Gesangsszenen keineswegs die erste Geige - ein Manko, das in vielen ihrer abendfüllenden Spielfilme zutage tritt.
Die wahre Meisterschaft des Komikerpaars lag im Kurzfilm, wo sich alles auf eine einzige Ausgangsidee verdichtete, die dann 20 Minuten lang in immer absurderen Steigerungen variiert wurde. Als eigentlichen Weihnachtsfilm von Laurel und Hardy kann man daher nicht "Babes in Toyland" betrachten, sondern den Zweiakter "Big Business" (Große Geschäfte), der 1929 zur Zeit der Wirtschaftskrise Premiere hatte.
Slapstick und Zeitkritik
Dort agieren Stan und Ollie als Hausierer für Christbäume, deren Streit mit einem unwilligen Kunden zur vollständigen Zerstörung von dessen Reihenhaus samt Inventar sowie des Lieferwagens der beiden Handlungsreisenden führt. Diese Auseinandersetzung, einer der erheiterndsten Darstellungen sinnloser Zerstörung in der Geschichte des Kinos, beginnt gemächlich.
Der unwirsche Hausbesitzer knallt Stan und Ollie die Tür vor der Nase zu und klemmt dabei die Spitze des Musterbäumchens ein. Das setzt eine bizarre, aber sehr anschauliche Modernisierung des alten Prinzips "Wie du mir, so ich dir" in Gang. Die Zerstörung ist reiner Selbstzweck, denn irgendwann geht es nicht mehr ums Tannenbäumchen, sondern einzig und allein um den Gedanken, dem Kontrahenten einen möglichst großen materiellen Schaden zuzufügen.
Die Filme von Laurel und Hardy, so bewusst albern sie auch sein mögen, liefern auch eine Kommentierung und Interpretation der Zeitläufte. Die US-Kongressbibliothek hat "Big Business" schon 1992 als "kulturell, geschichtlich und ästhetisch bedeutsam" ins nationale Filmerbe aufgenommen. Der US-Filmhistoriker William K. Everson nannte den kurzen Stummfilm den "komischsten Zweiakter der Filmgeschichte", dem "ein Ehrenplatz unter den Comedy-Klassikern aller Komiker, aller Länder und aller Zeiten" zukomme.