2021 waren 4,17 Millionen junge Menschen von Armut bedroht, wie aus dem in Berlin vorgestellten "Monitor Jugendarmut in Deutschland 2022" der Bundesarbeitsgemeinschaft Katholische Jugendsozialarbeit (BAG KJS) hervorgeht. Grundlage des seit 2010 in jedem zweiten Jahr erscheinenden Monitors ist die Auswertung und Zusammenführung von Umfragen.
Am häufigsten trifft es demnach Kinder und Jugendliche aus Familien mit mehr als drei Kindern (26,6 Prozent) oder aus Alleinerziehenden-Haushalten (23,6 Prozent). Damit liegen sie deutlich über der durchschnittlichen Armutsquote von 16,6 Prozent.
Die Krisen der vergangenen Monate hätten diesen Zustand noch verschärft, sagte der Vorstandvorsitzende der Bundesarbeitsgemeinschaft, Stefan Ottersbach: "68 Prozent der jungen Menschen sorgen sich angesichts der aktuellen Entwicklungen, mit ihren Familien in Armut leben zu müssen, sich Wohnen und die Lebenshaltungskosten nicht mehr leisten zu können."
Ein großes Problem ist laut Ottersbach auch das Thema digitale Armut. Diese sei eng verbunden mit schlechteren Bildungschancen. So fallen laut dem Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung bei 17 Prozent der Neuntklässler die digitalen Kompetenzen geringer aus, wenn die Eltern erwerbslos sind. "Homeschooling ist gut - wenn man genügend digitale Zugangsgeräte und ausreichend Datenvolumen hat", sagte Ottersbach.
Nachteile auch bei der Ausbildung
So fallen laut Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung bei Neuntklässlern digitale Kompetenzen zu 17 Prozent niedriger aus, wenn die Eltern erwerbslos sind. "Homeschooling ist gut - wenn man genügend digitale Zugangsgeräte und ausreichend Datenvolumen hat", sagte Ottersbach. Von Armut betroffene Jugendliche verfügten oft weder über das eine noch das andere. Gleichzeitig würden zahlungspflichtige Dienstleistungen im Internet (Paywalls, Pay2Win) zunehmen und schlössen in der Folge weniger zahlungskräftige Jugendliche aus.
Schlechtere Startbedingungen haben Jugendliche aus armen Haushalten auch bei der Ausbildungssuche. Angebot und Nachfrage nach Ausbildungsplätzen seien häufig lokal unterschiedlich verteilt, sagte Ottersbach: "Wie soll man aber in einem entfernten Ort eine Ausbildung beginnen, wenn man sich dort die Miete gar nicht leisten kann?" So starteten viele armutsbetroffene Jugendliche von den hinteren Plätzen ins Berufsleben. So mussten laut Statistischem Bundesamt Fachschüler und -schülerinnen durchschnittlich 68 Prozent ihres Bafögs für ein WG-Zimmer aufbringen.
Jugend brauche einen funktionierenden Wohnungsmarkt, gute Bildung und einen brummenden Arbeitsmarkt, sagte der Finanzexperte und Buchautor Maurice Höfgen. Was sich Deutschland nicht leisten könne, sei, Jugendliche nicht gut auszubilden als Investition in die Zukunft: "Das Dümmste, was eine alternde Gesellschaft machen kann, ist, die Jugend vor die Hunde gehen zu lassen. Wir sägen damit an dem Ast, auf dem wir sitzen", so Höfgen.