Die Bundesländer bereiten sich auf die Aufnahme zahlreicher Flüchtlinge in den nächsten Wochen und Monaten vor. Dazu werden mancherorts auch wieder Notunterkünfte in Zelten und Messehallen eingerichtet, wie eine Umfrage des Evangelischen Pressedienstes (epd) in den 16 Bundesländern ergab. Mehrere Länder betonten, die Nutzung von Turnhallen als Flüchtlingsunterkünfte vermeiden zu wollen.
Grund für den Ausbau der Kapazitäten ist nicht allein der Krieg in der Ukraine. Die vorhandenen Plätze seien vor allem wegen der seit einiger Zeit deutlich steigenden Asylbewerberzahlen belegt, meldete unter anderem das bayerische Innenministerium. Zusammengenommen sei der Zuzug von Menschen aus der Ukraine und den Asylsuchenden auf dem höchsten Niveau seit 2016.
Sachsen-Anhalt warf dem Bund vor, keine verlässlichen Prognosen über die Ankunft Asylsuchender vorzulegen. In den vergangenen Jahren reisten insbesondere in den Herbst- und Wintermonaten besonders viele Menschen auf der Suche nach Schutz in Deutschland ein. Das Innenministerium von Mecklenburg-Vorpommern erklärte, die weitere Entwicklung lasse sich "unmöglich seriös vorhersagen". Mit einer Entspannung der Lage sei aber nicht zu rechnen.
Bis Oktober zählte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge im laufenden Jahr fast 160.000 Erstanträge auf Asyl in Deutschland. Das waren fast 40 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Die meisten Antragssteller kamen aus Syrien, gefolgt von Menschen aus Afghanistan und der Türkei. Zugleich schätzen die Behörden die Zahl der ukrainischen Kriegsflüchtlinge in Deutschland auf rund eine Million. Sie müssen kein Asylverfahren durchlaufen, kommen oftmals bei Verwandten unter und lassen sich nicht immer registrieren.
Daher halten sich nur wenige Ukrainerinnen und Ukrainer in den Erstaufnahmeeinrichtungen der Bundesländer auf, sie werden in der Regel unmittelbar von den Kommunen übernommen. Das rheinland-pfälzische Integrationsministerium räumte ein, dass derzeit aber Flüchtlinge aus anderen Ländern länger als geplant in der Erstaufnahme verbleiben, um die Städte und Landkreise zu entlasten.
Aus Nordrhein-Westfalen hieß es: "Immer mehr Kommunen kommen derzeit an einen Punkt, an dem sie neu ankommende Personen nur noch auf Notplätzen unterbringen können." Die Hamburger Innenbehörde erklärte, mehr als 99 Prozent der Plätze in der Hansestadt seien belegt, es werde bereits auf Hallen und Zelte zurückgegriffen.
Bezogen auf die Erstaufnahmen hieß es aus Berlin, die Unterkünfte seien mehr als voll belegt, derzeit warteten knapp 3.000 Menschen auf eine Unterbringung in den beiden Ankunftszentren der Bundeshauptstadt. Am Ukraine-Ankunftszentrum in Tegel seien bereits zwei 400-Personen-Zelte in Betrieb, weitere Notunterkünfte sollen errichtet werden. Auch seien bereits zahlreiche stillgelegt Containerunterkünfte wieder in Betrieb genommen worden.