Die Fernsehfilme des Hessischen Rundfunks sind wie eine Wundertüte und daher stets für Überraschungen gut. Die Experimente mögen nicht immer gelingen, aber der Mut, das Spektrum gerade der Sonntagskrimis zu erweitern, ist auf jeden Fall aller Ehren wert.
Da sich Janneke auf dem Gebiet der bewusstseinserweiternde Drogen erstaunlich gut auskennt, wenn auch nur theoretisch, wie sie versichert, erfreut der Film zumindest die Anhänger von Albert Hofmann durch allerlei entsprechende Fachsimpeleien; der Schweizer Chemiker hat 1938 durch Zufall LSD entdeckt. Einer dieser Gruppenabende endet jedoch anders als geplant: Die letzte Reise führt nicht zum Ursprung, sondern in den Tod. Sechs Menschen sterben, allein Goser kann reanimiert werden.
Über weite Strecken gelingt es dem "Tatort" recht geschickt, die seltsamen Methoden des wegen des Verdachts auf sechsfachen Totschlag verhafteten Arztes mit einer Krimihandlung zu verknüpfen. Janneke und Brix vermuten zunächst, Goser habe mit der Gruppe Suizid begehen wollen, zumal er den Tod in seinen Büchern als "das letzte Mysterium" beschreibt. Er macht jedoch keinen lebensmüden Eindruck und ist glaubwürdig schockiert; also muss jemand anders dahinterstecken, und da liegt der Gedanke an Rache nahe.
Tilmann P. Gangloff, Diplom-Journalist und regelmäßiges Mitglied der Jury für den Grimme-Preis, schreibt freiberuflich unter anderem für das Portal evangelisch.de täglich TV-Tipps und setzt sich auch für "epd medien" mit dem Fernsehen auseinander. Auszeichnung: 2023 Bert-Donnepp-Preis - Deutscher Preis für Medienpublizistik (des Vereins der Freunde des Adolf-Grimme-Preises).
Um sich ein besseres Bild von den Ereignissen zu machen, holt das Ermittlungsduo den Arzt aus der Untersuchungshaft, um gemeinsam mit ihm den Ablauf des Abends zu rekonstruieren. Der Film trägt sich daher nahezu ausschließlich in der Villa zu. Dank einer clever ausgetüftelten Bildgestaltung ist "Leben Tod Ekstase" – der Titel bezieht sich auf ein Buch des Therapeuten – dennoch kein Kammerspiel, obwohl die handelnden Personen eingesperrt sind: Die Türen sind verschlossen und verbarrikadiert, die Fenster sind vergittert. Zwei uniformierte Polizisten, die Janneke und Brix begleitet haben, werden ebenso ermordet wie Gosers Anwältin. Spätestens jetzt ist klar: Niemand soll hier lebend wieder rauskommen.
Das klingt nach großer Spannung, aber tatsächlich zieht sich das letzte Drittel etwas, zumal die Geschichte mit dem überraschenden Auftauchen einer weiteren Figur endgültig abdriftet: Goser beherbergt einen offenkundig verwirrten Musiker, der in der Verkörperung durch Pit Bukowski nicht zuletzt durch seine Zottelfrisur wie die Karikatur eines Filmunholds wirkt. Ohnehin haben nicht alle Mitwirkenden das Niveau des Trios Broich, Koch und Wuttke.
Durchgängig fesselnd bleibt dagegen die Bildgestaltung, zumal die agile Kamera (Jonas Schneider) ständig durch die Stockwerke streift. Schon der Auftakt mit seiner langen Fahrt zum Haus deutet an, dass der Villa in der Geschichte eine besondere Bedeutung zukommen wird. Einige Szenen sind zudem mit besonderer Raffinesse konzipiert: Als der tödliche Drogencocktail bei den Mitgliedern von Gosers Reisegruppe Wirkung zeigt, verfallen sie in konvulsivische Zuckungen, die vom optischen Stakkato des Lichts aufgegriffen werden. Als ein Rettungswagen eintrifft, verdrängt das Flackern des Blaulichts das Rotlicht. Die gelegentlichen moderaten Anleihen beim Horrorfilm sind ebenfalls recht effektvoll inszeniert.
Regie führte Nikias Chryssos, und auch das ist ungewöhnlich: Der "Tatort" ist seine erste Fernseharbeit; seine beiden bisherigen Filme, "Der Bunker" (2016) und "A Pure Place" (2021), sind fürs Kino entstanden. Das Drehbuch hat der gebürtige Badener, der an der Filmakademie Baden-Württemberg studiert hat, gemeinsam mit Michael Comtesse geschrieben. Der Koautor hat bereits einige Vorlagen für sehenswerte Sonntagskrimis geliefert, zuletzt unter anderem für "Das perfekte Verbrechen" (Berlin, 2020) und vor allem für "Unsichtbar" (Dresden, 2021).
Dieser Film überraschte mit der wohl ungewöhnlichsten Mordmethode in der "Tatort"-Historie (Nanotechnologie). Im Finale von "Leben Tod Ekstase" hat sich Comtesse gemeinsam mit Chryssos noch übertroffen: Hier kommt ein Tötungsinstrument zum Einsatz, das in der Krimigeschichte einzigartig sein dürfte. Originell ist auch die Idee, dass Goser überzeugt ist, seine Mitmenschen anhand ihres Lieblingsfilms mit Arnold Schwarzenegger charakterisieren zu können.