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Zu den neuen Trägern des Friedensnobelpreises zählt auch der Menschenrechtsanwalt Ales Bjaljatzki (Archivbild). Er sitzt in seiner Heimat Belarus derzeit im Gefängnis.
Friedensnobelpreis
Aktivisten in Russland, Ukraine und Belarus ausgezeichnet
Mit der Vergabe des Friedensnobelpreises an Organisationen aus Russland und der Ukraine sowie den Belarussen Bjaljazki wird der Einsatz für Menschenrechte in Kriegszeiten gewürdigt. Sie stünden für die friedliche Verständigung in der Region.

Unter dem Eindruck des russischen Angriffskrieges geht der Friedensnobelpreis in diesem Jahr an Menschenrechtler aus Russland, der Ukraine und Belarus. Ausgezeichnet werden die russische Organisation Memorial, das Center for Civil Liberties aus der Ukraine und der belarussische Menschenrechtsanwalt Ales Bjaljazki, wie das Nobelkomitee in Oslo mitteilte. Damit werde ihr Einsatz für die Menschenrechte, Demokratie und die friedliche Verständigung in den drei Nachbarländern gewürdigt, erklärte die Komiteevorsitzende Berit Reiss-Andersen.

Es sei nie einfach zu entscheiden, wer den Friedensnobelpreis erhalten solle, sagte Reiss-Andersen. Angesichts des Ukraine-Krieges habe das Komitee die Bedeutung der Zivilgesellschaft hervorheben wollen, die andere Werte fördere als Aggression und Krieg.

Memorial wurde Ende der 1980er Jahre gegründet, damit die Opfer des kommunistischen Regimes in der Sowjetunion nicht in Vergessenheit geraten. Ausgezeichnet wird die Organisation für ihr Engagement gegen Militarismus und ihren Einsatz für Menschenrechte.

Für ihre Arbeit geriet Memorial immer wieder in Visier der russischen Behörden. Ende des vergangenen Jahres - nur wenige Wochen vor Beginn der russischen Invasion in der Ukraine - wurde die Organisation in Russland verboten.

Preisträger sitzt in Haft

Mit dem Center for Civil Liberties werde eine Organisation gewürdigt, die zur Stärkung der ukrainischen Zivilgesellschaft beigetragen habe, sagte Reiss-Andersen. Seit Beginn des Krieges dokumentierten die Menschenrechtler Kriegsverbrechen gegen die Bevölkerung. Das Zentrum spiele eine Vorreiterrolle dabei, Schuldige für ihre Verbrechen zur Rechenschaft zu ziehen.

Mit der Auszeichnung des Menschenrechtsanwalts Bjaljazki ging der dritte Friedensnobelpreis in diesem Jahr nach Belarus, das von dem mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin verbündeten Alexander Lukaschenko mit harter Hand regiert wird. Der in seiner Heimat inhaftierte 60-jährige Bjaljazki habe sein Leben der Förderung von Demokratie und einer friedlichen Entwicklung gewidmet, sagte Reiss-Andersen.

Nicht an Putin adressiert

"Unsere Botschaft ist ein dringender Aufruf an die Behörden in Belarus, Herrn Bjaljazki freizulassen", sagte Reiss-Andersen. Die Mitglieder des Komitees hofften, dass er in Oslo seine Ehrung entgegennehmen könne. Sie beteten dafür, dass der Preis sich nicht negativ auf seine Haftbedingungen auswirke. Die im litauischen Exil lebende belarussische Oppositionelle Swetlana Tichanowskaja rief auf Twitter dazu auf, Bjaljazki Briefe zu schreiben: "Lasst uns zeigen, dass die Welt an der Seite des freien Belarus steht."

Dass der Preis in diesem Jahr unter dem Eindruck eines Krieges in Europa vergeben wurde, sei sehr ungewöhnlich, sagte Reiss-Andersen. Dabei verwies sie auch auf die globalen Folgen des Konfliktes - etwa die sich verschärfende Lebensmittelknappheit. "Das ist ein sehr trostloser Hintergrund", sagte sie.

Dabei wollte sie die Ehrung nicht in Richtung Putin adressiert wissen. "Wir geben immer Preise für etwas und nicht gegen jemanden", sagte sie. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen erklärte auf Twitter, die Geehrten zeigten die wahre Kraft der Zivilgesellschaft beim Kampf für Demokratie. Auch die Bundesregierung gratulierte den Menschenrechtsaktivisten. Die Ausgezeichneten hätten sich in herausragendem Maße für demokratische Entwicklung, Menschenrechte und bürgerliche Freiheit eingesetzt, sagte der stellvertretende Regierungssprecher Wolfgang Büchner.

Der Friedensnobelpreis ist mit zehn Millionen Schwedischen Kronen (mehr als 920.000 Euro) dotiert. Im vergangenen Jahr wurden die philippinische Journalistin Maria Ressa und ihr russischer Kollege Dmitri Muratow für ihren Einsatz für die Pressefreiheit ausgezeichnet