Anglikanischer Erzbischof in Jerusalem, Hosam Elias Naoum
© epd-bild/Hosam Elias Naoum/privat
"Als Christen sollten wir Probleme ansprechen, aber auch einen offenen Kanal behalten", sagt Hosam Elias Naoum, der anglikanische Erzbischof in Jerusalem. Eine Lösung im Nahost-Konflikt sei möglich, wenn beide Seiten Zugeständnisse machten.
Israel-Palästina-Konflikt
Bischof hält Frieden in Nahost für möglich
Der anglikanische Erzbischof in Jerusalem, Hosam Elias Naoum, hält langfristig einen Frieden zwischen Israelis und Palästinensern für möglich. Allerdings brauche es dafür auf beiden Seiten Kompromisse.

"Wenn wir das Recht für beide Staaten anerkennen, erkennen wir auch das Recht an, dass beide Völker in diesem Land leben", sagte Erzbischof Hosam Elias Naoum dem Evangelischen Pressedienst (epd) bei einem Besuch in Stuttgart. Derzeit sei die Situation nach wie vor verfahren: "Die Mauer und Checkpoints sind immer noch da, die Palästinenser kämpfen immer noch darum, ein ordentliches Leben zu führen, und werden diskriminiert."

Es sollte überhaupt keine Besatzung geben, betonte Naoum. Aber schon jetzt sei es wichtig, darauf hinzuwirken, dass die Israelis ihre Macht und Kontrolle so ausüben, dass die Menschen, die unter der Besatzung leben, ihre Würde behalten. "Das ist nicht einfach, aber das ist ihre Verantwortung."

Zur Diskussion darüber, ob man Israel als einen "Apartheidstaat" bezeichnen dürfe, sagte der Erzbischof: "Ich denke, man muss aufpassen, wie man etwas beschreibt und welche Terminologie man verwendet."

Dissens im Weltkirchenrat

Der Begriff werde mit der Apartheid in Südafrika in Verbindung gebracht, aber die Situation in Israel und Palästina sei nicht exakt dieselbe wie damals in Südafrika. "Als Christen sollten wir diese Ungerechtigkeiten ansprechen, aber wir sollten überlegen, auf welche Art und Weise. Denn es ist wichtig, einen offenen Kanal zu behalten, um im Gespräch zu bleiben und Brücken statt Mauern zu bauen."

Der Weltkirchenrat (ÖRK) hatte zum Abschluss seiner in Karlsruhe tagenden Vollversammlung Anfang September eine Erklärung zur Situation im Nahen Osten verabschiedet, die gerechten Frieden und ein Ende der israelischen Besatzung fordert. Diskussionen gab es zu der Frage, ob man von Israel als einem Apartheidstaat sprechen dürfe. Die Delegierten konnten sich dazu nicht einigen und hatten dies in ihrer Erklärung so vermerkt.

Seit 2021 leitet der Erzbischof die anglikanische Diözese in Jerusalem, zu der 28 Gemeinden mit rund 8000 Menschen gehören. Zudem betreibt die Diözese 35 medizinische und pädagogische Einrichtungen, darunter ein Krankenhaus in Gaza. Die Diözese erstreckt sich über Israel, die palästinensischen Gebiete, Jordanien, Syrien und den Libanon. Sie ist Mitgliedskirche der "Evangelischen Mission in Solidarität", die am 16. September ihr 50-jähriges Bestehen mit einem Festgottesdienst in Stuttgart gefeiert hat.