"Schablonen machen Verständigung unmöglich", sagte Kurschus am Montagabend bei einem Empfang der hannoverschen Landeskirche in Stade bei Hamburg. Das einzige, was im Ukraine-Russland-Konflikt gewonnen werden könne und müsse, "ist der Frieden".
Das Kriegsende komme nicht, weil keine Munition mehr da sei, sondern weil verhandelt werde, sagte die westfälische Präses. Deshalb sei es auch wichtig, dass die Gesprächsfäden nicht abrissen. EKD-Vorsitzende Kurschus führte aus, sie befürworte eine Politik der Deeskalation und der Vorsicht. Sie warnte in diesem Zusammenhang vor Pathos etwa in der Formulierung, die Ukraine verteidige wesentliche westliche Werte: "Die Ukrainer verteidigen zuerst ihr Leben, ihre Freiheit und die Souveränität ihres Landes."
"Ich weigere mich, die komplizierte Wirklichkeit simpel zu machen", warb Kurschus für einen differenzierten Blick der Kirche auf den Krieg in der Ukraine. Die Kirche könne und müsse es sich leisten, von Zweifeln und Ambivalenzen zu sprechen "und von der Notwendigkeit der Versöhnung, gerade da, wo sie vermeintlich keine Chance hat". Dabei gehe es nicht um Besserwisserei, sondern um Ermutigung und eine Schärfung des Gewissens.
Kurschus betonte das Selbstverteidigungsrecht der Ukrainer und sagte auch, Waffenlieferungen in diesem Zusammenhang seien aus christlicher Sicht "als das geringere Übel zu verantworten". Sie seien aber an die Aufgabe gebunden, für Recht und Frieden zu sorgen. Mit Blick auf die besondere Verantwortung von Christinnen und Christen in Krieg und Krise bekräftigte die Ratsvorsitzende, sie hätten die Aufgabe, "der Hoffnung den Platz frei zu halten: Hoffnungslosigkeit können wir uns nicht leisten, dazu ist die Lage zu ernst."