Pastor Daniel Simon Schopf ist schockiert. "Ich habe nichts davon gewusst", sagt der Pastor der evangelisch-methodistischen Erlöserkirche in Karlsruhe. "Es ist wichtig, dass wir Kirchen nicht schweigen und Einfluss auf die Politik nehmen." Eine Delegation der evangelischen Kirche in Westpapua berichtet mehr als eineinhalb Stunden lang über die schweren Menschenrechtsverletzungen in ihrem Land: Es geht um Folter, Mord und Vertreibung der indigenen Bevölkerung durch indonesische Polizei und Militär, um den rücksichtslosen Raubbau an der Natur. Es ist ein auf der Weltbühne vergessener Konflikt, der Thema eines Workshops anlässlich der Vollversammlung des Ökumenischen Rats der Kirchen (ÖRK) war.
Für die 16 Vertreter der mehr als 620.000 Mitglieder zählenden Evangelischen Kirche im Lande Papua (GKI), einer Partnerkirche der Evangelischen Kirche der Pfalz, bietet der Auftritt vor Kirchenvertretern und der Öffentlichkeit eine große Chance. "Das hilft uns, unsere Anliegen vorzubringen und ihnen Gehör zu verschaffen", betont Kirchenpräsident Andrikus Mofu. Seit fast sechs Jahrzehnten unterdrücke die indonesische Zentralregierung in der Hauptstadt Jakarta die nach Autonomie strebende Region Westpapua mit brutaler Gewalt.
Die reichen Bodenschätze der früheren niederländischen Kolonie auf dem Westteil der Pazifikinsel Neuguinea würden ausgeraubt und der tropische Regenwald abgeholzt, informiert Mofu. Dabei gingen die indonesischen Sicherheitskräfte oft mit roher Gewalt gegen die einheimische Zivilbevölkerung vor - auch aus rassistischen Gründen. Seit der Annexion Papuas im Jahr 1969 durch Indonesien seien rund 5.000 Menschen getötet und viele Tausende gefoltert und vertrieben worden, ergänzt Leonard Imbiri von der Kirchenleitung.
"Wenn das so weitergeht, wird es keine Zukunft für Westpapua geben", sagt er.
Kirchenpräsident Mofu beklagt zudem, dass die indonesische Regierung durch das Umsiedeln von Menschen von anderen Inseln eine Islamisierung des südpazifischen Raumes forciere. Dadurch werde die mehrheitlich christliche Bevölkerung Papuas immer mehr verdrängt. Die evangelische Kirche sei die einzige Institution, der die Menschen in Papua vertrauten. "Sie verlieren die Hoffnung, wir versuchen ihnen eine Stimme zu geben und Druck auf die Regierung auszuüben", sagt Mofu. Zwei deutsche christliche Missionare hatten Mitte des 19. Jahrhunderts den christlichen Glauben auf die mehr als 10.000 Kilometer entfernte Pazifikinsel gebracht.
Mutig stärkt die Kirche in Papua den Menschen den Rücken, auch auf die Gefahr hin, mit der Regierungsmacht in Konflikt zu geraten. So werden Menschenrechtsverletzungen in einem eigenen Büro am Sitz der Kirche in der Hauptstadt Jajapura dokumentiert und Rechtsanwälte vermittelt, sagt die Leiterin des Menschenrechtsbüros, Dora Balubun. Die Informationen würden an die UN und Menschenrechtsorganisationen weitergeleitet. Zudem versorgt die Kirche die Menschen medizinisch, die aus ihren Dörfern vertrieben wurden, damit wertvolle Erze abgebaut oder Tropenholz geschlagen werden kann. Auch bei der schulischen oder beruflichen Ausbildung von jungen Menschen hilft die Kirche.
"Die unterdrückten Menschen in Papua brauchen dringend internationale Unterstützung", appelliert Norman Voß von der Organisation Human Rights Monitor. Menschenrechtsbeobachter der UN oder internationale Journalisten erhielten keinen Zugang nach Papua. Aus wirtschaftlichen und geostrategischen Gründen hielten sich die USA, Deutschland und andere westliche Staaten mit ihrer Hilfe zurück, kritisiert Voß. Die Kirchengemeinschaft solle etwa über Partnerschaften ihre Kontakte nach Papua verstärken. Die Kirchen in Deutschland sollten zudem gegenüber der Bundesregierung auf Hilfe für die dortigen Menschen drängen.