Im Büro der Telefonseelsorge Hannover steht Leiterin Pastorin Kerstin Häusler. Im Hintergrund sitzt eine ehrenamtliche Mitarbeiterin und nimmt Anrufe entgegen.
© epd-Bild/Daniel Behrendt
Die Telefonseelsorge erhält immer mehr Anrufe von Menschen, die sich vor Armut fürchten. Das Archivbild zeigt das Büro der Telefonseelsorge Hannover mit Pastorin Kerstin Häusler und ehrenamtlichen Mitarbeitern.
Telefonseelsorge
Angst vor der Armut wächst
Angesichts steigender Preise, der Corona-Pandemie und des Ukraine-Kriegs sind Ängste immer häufiger das Thema in Gesprächen mit der Telefonseelsorge. Zu Beginn des Angriffskriegs hätten die Menschen noch über das Geschehen in der Ukraine gesprochen, derzeit gehe es häufiger um die Folgen

Im Mittelpunkt der Gespräche stünden nun auch finanzielle Sorgen, wie die Angst, die Gasrechnung nicht mehr bezahlen zu können oder nicht zu wissen, wie man den Einkauf finanzieren soll. Das sagte der Beauftragte für Telefonseelsorge der hannoverschen Landeskirche, Daniel Tietjen dem Evangelischen Pressedienst (epd).

Der Anteil der Gespräche zum Thema Ängste habe sowohl in den Telefon-Angeboten (von 15 Prozent im Januar auf 18 Prozent im Juni) als auch in den Gesprächen per Chat (von 24 Prozent im Januar auf 28 Prozent im Juni) zugenommen, sagte Tietjen. Häufig helfe den Menschen bereits ein anonymes Gespräch, in dem es nicht um konkrete Ratschläge gehe. "Es ist mitunter ja nicht so leicht, über seine Sorgen zu sprechen oder auszusprechen, dass man kein Geld mehr hat, um die Dinge zu bezahlen."

Manchmal gelinge es auch, im Gespräch herauszufinden, ob es eher diffuse Ängste sind oder ein konkreter Anlass für die Sorgen vorliege, betonte Tietjen, der auch die Telefonseelsorge Elbe-Weser mit Sitz im niedersächsischen Bad Bederkesa leitet. "Dann kann man überlegen, ob und wie die Betroffenen die Sachen angehen und verändern möchten."

Ein hilfreicher Gedanke in diesen Zeiten sei es, die Informationsflut zu reduzieren. "Auch wenn heute zu jeder Uhrzeit ein Nachrichten-Update verfügbar ist, kann ich nur empfehlen, diese bewusster anzugehen", sagte Tietjen. Auch Bewegung wie Spazierengehen könne helfen, um den Kopf freizubekommen und sich nicht den ganzen Tag mit möglichen Sorgen zu beschäftigen. Soziale Kontakte und der Austausch seien ebenfalls wichtig.
Zum bundesweiten Telefonseelsorge-Netzwerk gehören insgesamt 104 Stationen mit mehr als 7.700 Ehrenamtlichen.

Hinweis: Die Telefonseelsorge ist bundesweit unter den Rufnummern 0800/111-0-111 sowie 0800/111-0-222 rund um die Uhr kostenlos und anonym erreichbar, auch an Sonn- und Feiertagen.

Auch per Mail oder Chat stehen Seelsorgerinnen und Seelsorger zur Verfügung. Menschen aus dem russischsprachigen Raum bietet die Telefonseelsorge ein Angebot in russischer Sprache: Telefon "Doweria" (Doweria heißt Vertrauen) ist unter der Nummer 030/440308454 zu erreichen. Der Anschluss ist rund um die Uhr besetzt. Jeweils dienstags und donnerstags von 20 bis 22 Uhr bietet "Doweria" Chats an. Erreichbar unter www.doweria-chat.de.