Finanzminister Lindner und seine Partnerin Lehfeldt verlassen das Syltmuseum, wo sie standesamtlich getraut worden sind.
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Bundesfinanzminister Christian Lindner und seine Lebensgefährtin Franca Lehfeldt haben auf Sylt standesamtlich geheiratet. Über die kirchliche Trauung in der Keitumer Kirche ist eine Kontroverse entstanden.
Billiger Segen oder Großzügigkeit?
Lindner heiratet kirchlich, ohne Mitglied zu sein
Angesichts nicht abreißender Kritik hat die evangelische Nordkirche die Entscheidung gerechtfertigt, Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) und seine Frau Franca Lehfeldt kirchlich zu trauen. Zwar solle bei einer Trauung mindestens ein Partner Mitglied der evangelischen Kirche sein, aber es gäbe Ausnahmen.

Nach der standesamtlichen Trauung auf Sylt besiegelt das Paar Lindner und Lehfeld nun in der Kirche den ehelichen Bund. Obwohl keiner von ihnen Mitglied der evangelischen Kirche ist. Wird hier mit zweierlei Maß gemessen?

Der evangelische Bischof von Schleswig und Holstein, Gothart Magaard verteidigt die Entscheidung der Pastorin der Kirche in Keitum: Zwar sehe die Lebensordnung der Nordkirche vor, dass bei einer Trauung mindestens ein Partner Mitglied der evangelischen Kirche sein soll.  Ausnahmen lägen jedoch im Ermessen des Seelsorgers. "Es ist etwas Wunderbares, wenn sich zwei Menschen den Segen Gottes zusprechen lassen wollen", betonte der Theologe.

Eigentlich solle mindestens ein Partner bei einer kirchlichen Trauung Mitglied in der Kirche sein. Der Anteil der evangelisch getrauter Paare, bei denen kein Partner Mitglied einer evangelischen Landeskirche ist, liegt nach Recherchen von epd seit 2015 bei jährlich 0,3 bis 0,4 Prozent.

Trotzdem wird in den sozialen Medien heftig weiterdiskutiert. Denn die zahlenden Kirchen-Mitglieder würden dadurch die Serviceleistungen für Nicht-Mitglieder finanzieren. 

So schrieb die Hamburger Theologin Emilia Handke dazu, dass diese Praxis der Öffnung kirchlicher Amtshandlungen für alle aus theologischer Perspektive völlig richtig sei, aber in ein "organisatorisches Dilemma" führe. Zwar sei die Kirche für alle da, auch in der Seelsorge. Aber wenn zum Beispiel der aus der Kirche ausgetretene Nachbar auf Bitte der Angehörigen von der Pastor:in beerdigt wird, warum müsse man dann überhaupt Kirchenmitglied bleiben, um die gleichen Leistungen zu bekommen. Das gleiche gelte für Hochzeiten in der Kirche. Das schreibt sie in einem Aufsatz des Internetforums feinschwarz.net.  

Pastorin Birgit Mattausch aus Hannover kommentierte das Ereignis auf Facebook so: "Also natürlich passiert das öfter, das Leute von uns getraut, begleitet, beerdigt werden, die keine Mitglieder sind. Ich finde das sehr gut und bin gern Teil einer großzügigen Kirche." Bei jemanden aus Lindners Einkommensklasse würde sie jedoch "um eine Spende bitten" und ihm sagen, dass er "mal wieder eintreten" solle. Aber das sei für sie nicht die Bedingung, so die Spiritus-Bloggerin von evangelisch.de und Referentin für experimentelle Homiletik in der Landeskirche Hannovers

Auch Bischof Magaard, sagte, er habe großes Vertrauen darin, wie die Pastorin auf Sylt die Trauung vorbereitet habe. "Wir sollten mit dem Segen nicht knauserig umgehen. Gott ist ein großzügiger Gott".

Die evangelische Theologieprofessorin Angela Rinn sieht das anders. Sie wies in einem Gastbeitrag in der Zeitschrift "Zeitzeichen" darauf hin, dass Lindner und Lehfeldt mit dem Traugottesdienst eine Dienstleistung nutzten, die von Kirchenmitgliedern finanziert werde. Die Frage stelle sich, "warum man sich die Kirchensteuer nicht einfach auch sparen könnte, wenn Nichtmitglieder die gleichen Rechte und Vorteile haben wie Kirchenmitglieder".

Die Sorge, dass die Ausnahme für den Finanzminister Lindner Kirchenmitglieder verärgern könne, teile er nicht, sagte Bischof Magaard. Auch glaube er nicht, dass der Fall die Glaubwürdigkeit der evangelischen Kirche beschädigen könne. "Mit dieser Ausnahme setzen wir ein Zeichen der Gastfreundschaft und der Großzügigkeit", betonte der Theologe.

Es gilt in allen 20 Gliedkirchen der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) die Regel, dass bei kirchlichen Trauungen mindestens ein Partner Mitglied der evangelischen Kirche sein soll. Dennoch lassen Kirchengemeinden Ausnahmen zu.