© Getty Images/iStockphoto/vicnt
29. Juni, Vox, 20.15 Uhr
TV-Tipp: "Herzogpark"
Trotz prominenter Besetzung, unter anderem mit Heiner Lauterbach und Heike Makatsch, ist die sechsteilige Serie in erster Linie Hochglanzfernsehen - Unterhaltung ohne Mehrwert, findet unser Kritiker.

Ein Mann will hoch hinaus, aber vier Frauen tun alles, um dies zu verhindern: Das ist im Grunde die ganze Geschichte dieser sechsteiligen Serie. Entscheidender als der Inhalt ist ohnehin die Verpackung: "Herzogpark" ist Hochglanzfernsehen, das vermutlich mindestens so teuer war, wie es aussieht. Die Optik ist edel, die Bilder sind aufwändig und sorgfältig gestaltet, die Besetzung ist hochkarätig, der Big-Band-Sound ist schmissig und mitreißend.

All’ das kann jedoch nicht verhindern, dass die rund 270 Minuten ein gewisses Gefühl der Leere hinterlassen. Der Effekt erinnert an die Lektüre jener sogenannten People-Magazine, die die meisten Menschen angeblich nur beim Besuch im Frisiersalon lesen: ein Zeitvertreib ohne jeden Mehrwert.

Andererseits passt das zumindest zum Hintergrund, denn "Herzogpark" spielt im gleichnamigen Münchener Nobelstadtteil. Die Menschen, mit denen sich Patricia Riekel, hier als Beraterin tätig, in ihrer Zeit als Chefredakteurin der "Bunten" beschäftigt hat, leben zwar eher im Kulturschickeria-Viertel Grünwald, aber im Herzogpark fallen die Entscheidungen in Politik und Wirtschaft.

Hier will der einflussreiche Unternehmer Nikolaus van der Bruck (Heiner Lauterbach) ein Hochhaus errichten, den 99 Meter hohen "Herzogtower". Selbstverständlich ist das Projekt höchst umstritten, und ebenso selbstredend ist dem Baulöwen jedes Mittel recht, um seine Pläne zu verwirklichen, weshalb fortan nach Herzenslust intrigiert und konspiriert wird. Natürlich hat ein Mann wie van der Bruck viele Feinde. In seinem Fall sind es allerdings vor allem Feindinnen, und die tun sich zusammen, um ihm einen fetten Strich durch seine Pläne zu machen; notfalls über seine Leiche.

Inhalt und Ensemble – die Gegenspielerinnen werden von Lisa Maria Potthoff, Antje Traue, Felicitas Woll und Heike Makatsch verkörpert – klingen jedoch reizvoller, als "Herzogpark" letztlich ist, was aber weniger am Handlungskern liegt (Chefautorin: Annette Simon): Die episodisch konzipierte Geschichte ist trotz’ aller nur denkbaren Dekadenzklischees gar nicht schlecht; was ihr fehlt, sind echte Menschen.

Sicherlich ließe sich einwenden, dass es in der High Society nun mal von Kunstfiguren nur so wimmele, aber was für TV-Formate wie "Brisant", "Leute heute" oder "Exclusiv" genügen mag, ist für eine sechsteilige Serie entschieden zu wenig. Zur Künstlichkeit der Charaktere trägt ganz erheblich auch das Kunstbairisch bei, das bei vielen Mitwirkenden klingt, als hätten sie’s extra für "Herzogpark" lernen müssen; übrigens auch und gerade bei jenen, die in München und Umgebung zur Welt gekommen sind.

Van der Brucks Gattin zum Beispiel wirkt in der Verkörperung durch Jeanette Hain in erster Linie grotesk. Natürlich ist die Überhöhung Teil des Konzepts, aber trotzdem drängt sich die Frage auf, was "Kir Royal"-Regisseur Helmut Dietl aus diesem Stoff gemacht hätte.

Anmutung und Atmosphäre der Serie sind maßgeblich von Jochen Alexander Freydank (Folgen eins bis vier) geprägt worden, der nach eigenem Bekunden selbst überrascht war, als er das Angebot erhielt, "Herzogpark" zu inszenieren. Die Filme des einst für "Spielzeugland" (2009) mit dem "Oscar" für den Besten Kurzfilm ausgezeichneten Regisseurs sind in der Regel zwar sehenswert, aber in den letzten Jahren hat er sich überwiegend in anderen Genres getummelt.

Neben diversen Episoden für Krimireihen ("Barcelona", "Usedom") hat er zuletzt mit Felicitas Woll den Sat.-1-Zweiteiler "Du sollst nicht lügen" (2021) gedreht, ein fesselndes Krimidrama über Kontrolle, Macht und Demütigung. Sein letzter Film war die zwar spannungsarme, aber an Denkanstößen reiche Bestseller-Adaption "Zero" (2021, ARD) mit Heike Makatsch als Journalistin, die einem Komplott zwischen der Regierung und einem Internetkonzern auf die Spur kommt.

In "Herzogpark" spielt sie eine Frau, die zu Beginn aus dem Gefängnis entlassen wird; dann hüpft die Serie zwei Jahre in die Zukunft. Die Gründe für Marias Haft und ihre Beziehung zu van der Bruck werden erst sehr viel später nachgetragen; für die entsprechenden Rückblenden wurden Heiner Lauterbach allerlei abenteuerliche Perücken aufgesetzt.

Aber nicht nur Maria, die mittlerweile eine florierende Cateringfirma betreibt und auf diese Weise ihre zukünftigen Mitstreiterinnen kennenlernt, hat noch eine alte Rechnung mit dem verhassten Emporkömmling offen: Annabelle (Woll), Gattin von Bürgermeisterkandidat Bernbauer (Trystan Pütter), wird von van der Bruck mit ihrer Vergangenheit als Callgirl erpresst, Anwältin Hannah (Potthoff) mit einem kompromittierenden Sexvideo. Sie sollen ihren Einfluss geltend machen, damit ein aus Gründen des Naturschutzes verhängter Baustopp für den "Herzogtower" zurückgenommen wird. Vierte im Bunde ist die hochverschuldete Elisabeth von Lynden (Traue).

Regisseurin der Folgen fünf und sechs ist Anca Miruna L?z?rescu, die zuletzt fürs ZDF "Endlich Witwer – Forever Young" gedreht hat. Der überraschende Schluss legt eine Fortsetzung nahe, aber das muss nicht sein. Vox zeigt heute die Episoden eins bis drei, der Rest folgt nächsten Mittwoch.